Bei Vereinbarungen eines teilweisen Lohnverzichts, der über Gutscheine
oder Werbeeinnahmen, die aus der Vermietung von Werbefläche auf dem Pkw
des Arbeitnehmers entsteht, ausgeglichen wird, handelt es sich um sozialversicherungsrechtliches
Arbeitsentgelt. Dies gilt nach dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom
23.2.2021 grundsätzlich für alle geldwerten Vorteile eines Arbeitnehmers,
die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehen. Ein Zusammenhang
besteht immer dann, wenn der ursprüngliche Bruttoarbeitslohn rechnungsmäßig
fortgeführt wird und die Tankgutscheine und Werbeeinnahmen als "neue
Gehaltsanteile" angesehen werden.
Im verhandelten Fall legten Arbeitgeber und Arbeitnehmer einen individuellen
Bruttoentgeltverzicht bei gleichbleibender Arbeitszeit fest. Die bisherige Bruttovergütung
wurde zur Berechnung künftiger Gehaltsansprüche weitergeführt.
Als Ausgleich und "neue Gehaltsbestandteile" vereinbarten die Parteien
monatliche Tankgutscheine in Höhe von 40 € und Mietzahlungen für
die Bereitstellung von Werbeflächen in Höhe von 21 € im Monat.
Nach einer Betriebsprüfung forderte der Rentenversicherungsträger
Sozialversicherungsbeiträge nach. Der Arbeitgeber lehnte die Nachforderung
ab und begründete dies damit, dass der Sachwert der Tankgutscheine unter
der steuerlichen Bagatellgrenze von 44 € im Monat liegt. Darüber hinaus
ist für die Werbefläche ein Mietvertrag geschlossen worden, welcher
nicht auf dem Arbeitsverhältnis beruht.
Diese Auffassung teilte das BSG nicht und führte in seiner Urteilsbegründung
aus, dass es bei den Mieteinahmen nicht darauf ankommt, dass ein eigenständiger
Mietvertrag mit dem Arbeitnehmer geschlossen worden ist und es sich bei den
Werbeeinnahmen um einen "neuen Gehaltsanteil" handelt. Da auch die
Tankgutscheine auf einen bestimmten Betrag festgelegt sind, handelt es sich
ebenfalls um einen Sachbezug im Sinne eines "neuen Gehaltsbestandteils".
Die steuerrechtliche Bagatellgrenze kann daher nicht zur Anwendung kommen.
Aktuelles
Tankgutscheine und Werbeeinnahmen anstelle von Arbeitslohn sind sozialversicherungspflichtig
Arbeitsrecht
zum ArtikelVergleichsentgelt – Vermutung der Benachteiligung wegen des Geschlechts
Arbeitsrecht
Nach dem Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) haben Beschäftigte zur
Überprüfung der Einhaltung des Entgeltgleichheitsgebots einen Auskunftsanspruch
gegenüber dem Arbeitgeber zur Entlohnung anderer Arbeitnehmer mit der gleichen
oder einer gleichwertigen Tätigkeit. Der Anspruch bezieht sich auf das
durchschnittliche monatliche Bruttoentgelt und auf bis zu zwei einzelne Entgeltbestandteile.
Klagt eine Frau auf gleiches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeit, begründet der Umstand, dass ihr Entgelt geringer ist als das vom Arbeitgeber nach dem EntgTranspG mitgeteilte Vergleichsentgelt der männlichen Vergleichsperson, regelmäßig die – vom Arbeitgeber widerlegbare – Vermutung, dass die Benachteiligung beim Entgelt wegen des Geschlechts erfolgt ist.
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Klagt eine Frau auf gleiches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeit, begründet der Umstand, dass ihr Entgelt geringer ist als das vom Arbeitgeber nach dem EntgTranspG mitgeteilte Vergleichsentgelt der männlichen Vergleichsperson, regelmäßig die – vom Arbeitgeber widerlegbare – Vermutung, dass die Benachteiligung beim Entgelt wegen des Geschlechts erfolgt ist.
Überschreiten der Höchstarbeitszeit durch zweite Arbeitsstelle
Arbeitsrecht
Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) ist die Zeit vom Beginn
bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen. Arbeitszeiten bei mehreren Arbeitgebern
sind zusammenzurechnen. Die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer darf
8 Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu 10 Stunden nur verlängert
werden, wenn innerhalb von 6 Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im
Durchschnitt 8 Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Bei
dieser Regelung im ArbZG handelt es sich um ein Verbotsgesetz.
Führt der Abschluss eines zweiten Arbeitsvertrags mit einem anderen Arbeitgeber dazu, dass der Arbeitnehmer die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden überschreitet, hat dies grundsätzlich die Nichtigkeit des zuletzt abgeschlossenen Arbeitsvertrags zur Folge, entschieden die Richter des Landesarbeitsgerichts Nürnberg in ihrem Urteil vom 19.5.2020.
Der Fortbestand des Arbeitsvertrags unter Reduktion der vereinbarten Arbeitszeit auf das gesetzlich noch zulässige Maß kommt nur in Betracht, wenn sich insoweit eindeutig ein übereinstimmender hypothetischer Wille beider Vertragsparteien feststellen lässt.
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Führt der Abschluss eines zweiten Arbeitsvertrags mit einem anderen Arbeitgeber dazu, dass der Arbeitnehmer die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden überschreitet, hat dies grundsätzlich die Nichtigkeit des zuletzt abgeschlossenen Arbeitsvertrags zur Folge, entschieden die Richter des Landesarbeitsgerichts Nürnberg in ihrem Urteil vom 19.5.2020.
Der Fortbestand des Arbeitsvertrags unter Reduktion der vereinbarten Arbeitszeit auf das gesetzlich noch zulässige Maß kommt nur in Betracht, wenn sich insoweit eindeutig ein übereinstimmender hypothetischer Wille beider Vertragsparteien feststellen lässt.
Darlegungslast bei Überstundenvergütung
Arbeitsrecht
Die Vergütung von Überstunden setzt zum einen voraus, dass der Arbeitnehmer
diese tatsächlich geleistet hat, und zum anderen, dass die Überstunden
vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt oder geduldet worden oder jedenfalls zur
Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig gewesen sind. Für beide Voraussetzungen
– einschließlich der Anzahl geleisteter Überstunden – trägt
der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast.
So entschieden die Richter des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern am 20.10.2020, dass ein Kraftfahrer, dem vom Arbeitgeber bestimmte Touren zugewiesen werden, seiner Darlegungslast bereits dadurch genügen kann, dass er vorträgt, an welchen Tagen er welche Tour wann begonnen und wann beendet hat. Im Rahmen der gestuften Darlegungslast ist es dann Sache des Arbeitgebers, unter Auswertung seiner eigenen Aufzeichnungen, zu denen er nach dem Arbeitszeitgesetz verpflichtet ist, substantiiert darzulegen, an welchen Tagen der Arbeitnehmer aus welchen Gründen im geringeren zeitlichen Umfang als von ihm behauptet gearbeitet haben muss.
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So entschieden die Richter des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern am 20.10.2020, dass ein Kraftfahrer, dem vom Arbeitgeber bestimmte Touren zugewiesen werden, seiner Darlegungslast bereits dadurch genügen kann, dass er vorträgt, an welchen Tagen er welche Tour wann begonnen und wann beendet hat. Im Rahmen der gestuften Darlegungslast ist es dann Sache des Arbeitgebers, unter Auswertung seiner eigenen Aufzeichnungen, zu denen er nach dem Arbeitszeitgesetz verpflichtet ist, substantiiert darzulegen, an welchen Tagen der Arbeitnehmer aus welchen Gründen im geringeren zeitlichen Umfang als von ihm behauptet gearbeitet haben muss.
Angedrohte Erkrankung als Kündigungsgrund
Arbeitsrecht
Ein wichtiger Kündigungsgrund an sich – eine Verletzung arbeitsvertraglicher
Pflichten – liegt unter anderem vor, wenn der Arbeitnehmer seine Interessen
im Arbeitsverhältnis durch die rechtswidrige Drohung mit einem empfindlichen
Übel gegenüber dem Arbeitgeber durchzusetzen versucht. Vor diesem
Hintergrund entschied das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz mit seinem Urteil
v. 21.7.2020 Folgendes:
Tritt der Arbeitnehmer einer Weisung des Arbeitgebers mit der Drohung entgegen, sich krankschreiben zu lassen, so rechtfertigt das im Grundsatz eine außerordentliche fristlose Kündigung. Unerheblich ist hierbei, ob der Arbeitnehmer später tatsächlich erkrankt oder ob die Weisung rechtswidrig war, denn die kündigungsrelevante Nebenpflichtverletzung besteht in der Art und Weise des Vorgehens des Arbeitnehmers.
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Tritt der Arbeitnehmer einer Weisung des Arbeitgebers mit der Drohung entgegen, sich krankschreiben zu lassen, so rechtfertigt das im Grundsatz eine außerordentliche fristlose Kündigung. Unerheblich ist hierbei, ob der Arbeitnehmer später tatsächlich erkrankt oder ob die Weisung rechtswidrig war, denn die kündigungsrelevante Nebenpflichtverletzung besteht in der Art und Weise des Vorgehens des Arbeitnehmers.
Arbeitnehmereigenschaft von „Crowdworkern“
Arbeitsrecht
Die tatsächliche Durchführung von Kleinstaufträgen ("Mikrojobs")
durch Nutzer einer Online-Plattform ("Crowdworker") auf der Grundlage
einer mit deren Betreiber ("Croudsourcer") getroffenen Rahmenvereinbarung
kann ergeben, dass die rechtliche Beziehung als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren
ist.
Dieser Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 1.12.2020 lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Unternehmen kontrolliert im Auftrag seiner Kunden die Präsentation von Markenprodukten im Einzelhandel und an Tankstellen. Die Kontrolltätigkeiten selbst lässt es durch "Crowdworker" ausführen. Deren Aufgabe besteht insbesondere darin, Fotos von der Warenpräsentation anzufertigen und Fragen zur Werbung von Produkten zu beantworten. Auf der Grundlage einer "Basis-Vereinbarung" und allgemeiner Geschäftsbedingungen bietet das Unternehmen die "Mikrojobs" über eine Online-Plattform an. Über einen persönlich eingerichteten Account kann jeder Nutzer der Online-Plattform auf bestimmte Verkaufsstellen bezogene Aufträge annehmen, ohne dazu vertraglich verpflichtet zu sein. Übernimmt der "Crowdworker" einen Auftrag, muss er diesen regelmäßig binnen zwei Stunden nach detaillierten Vorgaben des "Crowdsourcers" erledigen.
Die Arbeitnehmereigenschaft hängt davon ab, ob der Beschäftigte weisungsgebundene, fremdbestimmte Arbeit in persönlicher Abhängigkeit leistet. Zeigt die tatsächliche Durchführung eines Vertragsverhältnisses, dass es sich hierbei um ein Arbeitsverhältnis handelt, kommt es auf die Bezeichnung im Vertrag nicht an.
Die dazu vom Gesetz verlangte Gesamtwürdigung aller Umstände kann ergeben, dass "Crowdworker" als Arbeitnehmer anzusehen sind. Für ein Arbeitsverhältnis spricht es, wenn der Auftraggeber die Zusammenarbeit über die von ihm betriebene Online-Plattform so steuert, dass der Auftragnehmer infolgedessen seine Tätigkeit nach Ort, Zeit und Inhalt nicht frei gestalten kann.
Im entschiedenen Fall leistete der "Crowdworker" in arbeitnehmertypischer Weise weisungsgebundene und fremdbestimmte Arbeit in persönlicher Abhängigkeit. Zwar war er vertraglich nicht zur Annahme von Angeboten des Unternehmens verpflichtet. Die Organisationsstruktur der betriebenen Online-Plattform war aber darauf ausgerichtet, dass über einen Account angemeldete und eingearbeitete Nutzer kontinuierlich Bündel einfacher, Schritt für Schritt vertraglich vorgegebener Kleinstaufträge annehmen, um diese persönlich zu erledigen.
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Dieser Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 1.12.2020 lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Unternehmen kontrolliert im Auftrag seiner Kunden die Präsentation von Markenprodukten im Einzelhandel und an Tankstellen. Die Kontrolltätigkeiten selbst lässt es durch "Crowdworker" ausführen. Deren Aufgabe besteht insbesondere darin, Fotos von der Warenpräsentation anzufertigen und Fragen zur Werbung von Produkten zu beantworten. Auf der Grundlage einer "Basis-Vereinbarung" und allgemeiner Geschäftsbedingungen bietet das Unternehmen die "Mikrojobs" über eine Online-Plattform an. Über einen persönlich eingerichteten Account kann jeder Nutzer der Online-Plattform auf bestimmte Verkaufsstellen bezogene Aufträge annehmen, ohne dazu vertraglich verpflichtet zu sein. Übernimmt der "Crowdworker" einen Auftrag, muss er diesen regelmäßig binnen zwei Stunden nach detaillierten Vorgaben des "Crowdsourcers" erledigen.
Die Arbeitnehmereigenschaft hängt davon ab, ob der Beschäftigte weisungsgebundene, fremdbestimmte Arbeit in persönlicher Abhängigkeit leistet. Zeigt die tatsächliche Durchführung eines Vertragsverhältnisses, dass es sich hierbei um ein Arbeitsverhältnis handelt, kommt es auf die Bezeichnung im Vertrag nicht an.
Die dazu vom Gesetz verlangte Gesamtwürdigung aller Umstände kann ergeben, dass "Crowdworker" als Arbeitnehmer anzusehen sind. Für ein Arbeitsverhältnis spricht es, wenn der Auftraggeber die Zusammenarbeit über die von ihm betriebene Online-Plattform so steuert, dass der Auftragnehmer infolgedessen seine Tätigkeit nach Ort, Zeit und Inhalt nicht frei gestalten kann.
Im entschiedenen Fall leistete der "Crowdworker" in arbeitnehmertypischer Weise weisungsgebundene und fremdbestimmte Arbeit in persönlicher Abhängigkeit. Zwar war er vertraglich nicht zur Annahme von Angeboten des Unternehmens verpflichtet. Die Organisationsstruktur der betriebenen Online-Plattform war aber darauf ausgerichtet, dass über einen Account angemeldete und eingearbeitete Nutzer kontinuierlich Bündel einfacher, Schritt für Schritt vertraglich vorgegebener Kleinstaufträge annehmen, um diese persönlich zu erledigen.