Aktuelles

Begriff „Barvermögen“ im Testament

Erbrecht

In einem vom Oberlandesgericht Oldenburg (OLG) entschiedenen Fall war in einem Testament u.a. bestimmt, dass die Tochter des Erblassers 1/3 des vorhandenen Barvermögens erhalten sollte. Das Kapitalvermögen des Erblassers (Depotwerte und Bankguthaben) betrug insgesamt 192.108,98 € (Bankguthaben 152.778,88 €, Genossenschaftsanteile 3.000 €, Depotvermögen 34.291,87 €, Bargeld 2.038,22 €). Die Tochter war der Auffassung, dass unter dem Begriff „Barvermögen“ die gesamten liquiden Mittel, insbesondere sämtliche Guthaben bei Kreditinstituten, Wertpapiere und Bargeld im engeren Sinne zu verstehen sind.

„Der Begriff des Barvermögens umfasst heutzutage das gesamte Geld, das sofort, also auch über eine Kartenzahlung, verfügbar ist. Wertpapiere fallen nicht unter den Begriff des Barvermögens. Vielmehr werden Wertpapiere durch den erweiterten Begriff des Kapitalvermögens mit abgedeckt, der das Barvermögen einschließlich weiterer Kapitalwerte in Geld beschreibt“, entschieden die OLG-Richter. Damit waren das Depotvermögen und die Genossenschaftsanteile nicht als Barvermögen zu bewerten.
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Wirksamkeit eines durchgestrichenen handschriftlichen Testaments

Erbrecht

Wer aus einem Testament Rechte beanspruchen möchte, muss die Gültigkeit desselben beweisen. Wer behauptet, dass der Erblasser die Absicht hatte sein Testament zu widerrufen, muss dies auch beweisen.

Die Richter des Oberlandesgerichts (OLG) hatten in einem Fall zu entscheiden, ob ein Testament als widerrufen anzusehen ist, wenn ein Erblasser in seinem Testament großflächige Streichungen vorgenommen hat.

Sofern ein Erblasser sein Testament vernichtet oder wesentlich ändert, gilt dies als Hinweis darauf, dass er die Aufhebung des Testaments beabsichtigt hat, entschieden die OLG-Richter. Wenn das Dokument bis zum Schluss im Besitz des Erblassers war und keine klaren Hinweise existieren, dass Dritte Änderungen vorgenommen haben, sind die Beweisanforderungen, dass der Erblasser selbst die Änderungen vornahm, relativ niedrig.
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Testamentsauslegung bei Aussage „bis zu meinem Tod pflegt und betreut“

Erbrecht

In einem vom Oberlandesgericht in München entschiedenen Fall errichtete eine kinderlose und verwitwete Erblasserin im April 2011 ein handschriftliches Testament folgenden Inhalts: „Mein letzter Wille! Die Person, die mich bis zu meinem Tode pflegt und betreut, soll mein gesamtes Vermögen bekommen! Zurzeit ist es: Frau xy, wohnhaft … Ich bin im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte. Unterschrift“

Wenn der Wortlaut eines Testaments so unbestimmt ist, dass die Auslegung ergebnislos bleiben muss, ist es ungültig. So war es auch im o.g. Fall. Auch im Wege der Testamentsauslegung konnte nicht feststellt werden, welche Kriterien nach dem allein maßgeblichen Erblasserwillen erfüllt sein müssen, damit der Erbe benannt werden kann.

Fraglich war bereits, ob die Erblasserin sich bei der Errichtung des Testaments von der Vorstellung leiten ließ, dass die Person, die sie „pflegt und betreut“ dies ab Errichtung des Testaments zu tun hatte. Denkbar war aber auch, dass (auch) ein späteres Übernehmen von Pflege und Betreuung ausreichend sein sollte. Ebenso offen und im Wege der Auslegung nicht sicher feststellbar war, ob die Person, die „pflegt und betreut“, dies ununterbrochen (unabhängig vom jeweiligen Beginn) tun musste. Letztlich ließ sich auch nicht klären, ob das zeitliche Element von „Pflege und Betreuung“ nach der Vorstellung der Erblasserin tatsächlich bis „in“ den Tod im Sinne einer Sterbebegleitung erfolgen musste. Darüber hinaus lässt sich aber auch nicht mit hinreichender Sicherheit im Wege der Testamentsauslegung ermitteln, was die Erblasserin inhaltlich unter „pflegt und betreut“ verstand.
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Testamentarische Bedingung– Hausverbot für Lebensgefährten der Erbin

Erbrecht

Das Oberlandesgericht Hamm (OLG) entschied im Juli 2023 über die Gültigkeit einer testamentarischen Bedingung, durch die dem Lebensgefährten der Erbin ein Hausverbot erteilt wurde.

Die einzige Tochter der Verstorbenen erbte ein Familienhaus. In einer Wohnung lebte die Verstorbene und in einer weiteren Wohnung die Tochter mit der Enkelin. Diese wurde Miterbin. Der langjährige Lebensgefährte der Tochter hatte eine eigene Wohnung in der Nachbarschaft, ging aber in dem Haus ein und aus, war der Ziehvater der Enkelin und nahm im Haus auch Reparaturen vor.

Das Testament verbot, das Haus an den Lebensgefährten zu übertragen und ihm Zutritt zu gewähren. Die Erbinnen hielten das Betretungsverbot für sittenwidrig. Das OLG befand das Hausverbot, trotz des großen Gestaltungsspielraums der Erblasserin, ebenfalls für sittenwidrig und damit nichtig, da es das familiäre Zusammenleben und die persönliche Lebensführung beeinträchtigte.
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Zwei Testamente – Zeitpunkt der Erstellung entscheidend

Erbrecht

Sofern zwei Testamente existieren und nicht feststellbar ist, welches von beiden zuletzt verfasst wurde, werden sie als gleichzeitig erstellt betrachtet. Das bedeutet, dass man nicht davon ausgehen kann, dass das zuletzt erstellte Testament das frühere aufhebt, wie es das Bürgerliche Gesetzbuchs normalerweise vorsieht, falls das neuere Testament dem älteren widerspricht. Wenn zwei gleichzeitig erstellte Testamente sich in bestimmten Punkten widersprechen, sind diese widersprüchlichen Teile ungültig.
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Kein Verlust der Testierfähigkeit bei Parkinsonerkrankung

Erbrecht

In einem vom Kammergericht Berlin am 9.5.2023 entschiedenen Fall verfasste ein Ehepaar 1998 ein gemeinschaftliches Testament. Sie setzten sich gegenseitig als Alleinerben und eine Nichte der Ehefrau als Schlusserbin ein. 2015 erkrankte der Mann an Parkinson und 2019 verstarb die Ehefrau.

Auf der Rückseite eines Ausdrucks des Speiseplans eines Cafés verfasste er 2020 ein eigenhändiges Testament zugunsten seines Nachbarn. Nachdem der Mann kurz danach verstarb, beantragte der Nachbar die Erteilung eines Erbscheins. Die Nichte erklärte die Anfechtung des letzten Testaments und stellte neben der Echtheit des Testaments auch die Geschäftsfähigkeit des Erblassers bei der Testamentserstellung in Frage.

Das Gesetz schreibt zur Errichtung eines eigenhändigen Testaments nicht die Verwendung eines bestimmten Schriftträgers vor. Für die Ermittlung des Testierwillens bei Verwendung eines solchen Schriftträgers ist nicht die Wahl des Schreibmaterials maßgeblich, sondern die Frage, ob sich das Papier zur Fixierung der Schriftzüge eignet und nicht etwa aus der Wahl des Schreibmaterials erkennbar wird, dass der Erblasser seine Verfügung ernstlich gar nicht hat treffen wollen.

Daran bestand aber hier kein durchgreifender Zweifel, weil das Dokument mit „Mein Testament“ überschrieben, mit dem vollen Namen und Geburtsdatum des Erblassers sowie des Begünstigten in einem für Testamente üblichen Wortlaut geschrieben, mit Ort und Datum versehen und von dem Erblasser unterschrieben war. Ferner geht mit einer Parkinson-Erkrankung nicht automatisch eine Einschränkung der freien Willensbestimmung einher. Diese kann nur dann angenommen werden, wenn sie sich aufgrund der konkret feststellbaren Symptomatik im Verhalten des Erblassers manifestiert hätte. Das war hier nicht der Fall, sodass das Testament von 2020 gültig war.
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