Eine als Einzelunternehmerin tätige Kosmetikerin schloss mit einem Wellnesszentrum einen „Vertrag über freie Mitarbeit.“ Darin war u. a. vereinbart, dass die zu erbringenden Arbeiten jeweils einzeln abgestimmt und vereinbart werden müssen. Für Arbeitsmittel und für die Nutzung der Behandlungsräume gab es eine Entgeltvereinbarung. Die Deutsche Rentenversicherung Bund war der Auffassung, dass die Kosmetikerin als abhängig Beschäftigte der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegt.
Die Richter des Landessozialgerichts Baden-Württemberg kamen jedoch zu folgendem Urteil: „Eine Kosmetikerin, die als Einzelunternehmerin ein eigenes Kosmetikstudio betreibt, wird nicht als abhängig Beschäftigte tätig, wenn sie an von ihr selbst vorgeschlagenen Wochenenden gegen Zahlung eines Honorars in einem Wellnesszentrum als Kosmetikerin und Wellnessmasseurin tätig wird und sie dabei keinen Weisungen des Betreibers des Wellnesszentrums unterliegt.“
Als Indiz für eine abhängige Beschäftigung ist zu werten, dass im Wesentlichen nur die Arbeitskraft eingesetzt und kein großes Verlustrisiko zu tragen war, weil keine größeren Investitionen getätigt werden mussten. Die Richter maßen diesem Umstand hier jedoch keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Zum einen ist das Fehlen solcher Investitionen bei reinen Dienstleistungen kein ins Gewicht fallendes Indiz für eine abhängige Beschäftigung und zum anderen war für die Nutzung der Behandlungsräume und Arbeitsmittel ein Entgelt zu zahlen. Ferner musste die Kosmetikerin die für die kosmetischen Anwendungen erforderlichen Gerätschaften (z. B. Verbrauchsgüter) auf eigene Kosten beschaffen.
Aktuelles
Kein Unfallversicherungsschutz bei familiärer Hilfe
Sozialrecht
Nach dem Sozialgesetzbuch sind auch Personen in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert, die wie Beschäftigte in einem Unternehmen (sog. Wie-Beschäftigung) tätig werden. Eine versicherte Wie-Beschäftigung setzt deshalb voraus, dass hinsichtlich der Handlung die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung anstatt der Merkmale einer unternehmerischen, selbstständigen Tätigkeit überwiegen und keine Sonderbeziehung besteht, die der wesentliche Grund für die Handlung war.
Dem Thüringischen Landessozialgericht (LSG) lag zur Entscheidung der nachfolgende Sachverhalt vor: Ein Mann half seinem Bruder beim Aufbau eines Gerüstes auf dessen Grundstück. Im Zuge der Gerüstrückbauarbeiten verlor das Gerüst an Halt und der Bruder des Bauherrn sprang bzw. stürzte vom Gerüst und erlitt eine Fraktur am linken Fuß. Die Unfallversicherung lehnte die Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall ab.
Das LSG entschied zugunsten der Versicherung, denn gegen das Vorliegen eines Versicherungsschutzes im Sinne einer Wie-Beschäftigung sprach, dass der Helfer als Bruder in einer Sonderbeziehung stand, die die Tätigkeit maßgeblich prägte.
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Dem Thüringischen Landessozialgericht (LSG) lag zur Entscheidung der nachfolgende Sachverhalt vor: Ein Mann half seinem Bruder beim Aufbau eines Gerüstes auf dessen Grundstück. Im Zuge der Gerüstrückbauarbeiten verlor das Gerüst an Halt und der Bruder des Bauherrn sprang bzw. stürzte vom Gerüst und erlitt eine Fraktur am linken Fuß. Die Unfallversicherung lehnte die Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall ab.
Das LSG entschied zugunsten der Versicherung, denn gegen das Vorliegen eines Versicherungsschutzes im Sinne einer Wie-Beschäftigung sprach, dass der Helfer als Bruder in einer Sonderbeziehung stand, die die Tätigkeit maßgeblich prägte.
Sozialversicherungspflicht eines Gesellschafter-Geschäftsführers
Sozialrecht
Bei der Beurteilung, ob bei einem GmbH-Geschäftsführer Sozialversicherungspflicht vorliegt, wird nicht allein auf die Bestimmungen im Geschäftsführervertrag abgestellt. Ist ein GmbH-Geschäftsführer zugleich als Gesellschafter am Kapital der Gesellschaft beteiligt, sind der Umfang der Kapitalbeteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenden Einflusses auf die Gesellschaft ein wesentliches Merkmal bei der Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit.
Ein Gesellschafter. Geschäftsführer ist nicht per se kraft seiner Kapitalbeteiligung selbstständig tätig, sondern muss über seine Gesellschafterstellung hinaus die Rechtsmacht besitzen, durch Einflussnahme auf die Gesellschafterversammlung die Geschicke der Gesellschaft bestimmen zu können. Eine solche Rechtsmacht ist bei einem Gesellschafter gegeben, der mehr als 50 v.H. der Anteile am Stammkapital hält. Ein Geschäftsführer, der nicht über diese Kapitalbeteiligung verfügt und damit als Mehrheitsgesellschafter ausscheidet, ist dagegen grundsätzlich abhängig beschäftigt.
Hält ein Gesellschafter nicht mehr als 50 % der Gesellschaftsanteile, kann er nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs einem beherrschenden Gesellschafter gleichgestellt werden, wenn er mit anderen gleichgerichtete materielle, dh finanzielle Interessen verfolgenden Gesellschaftern zusammenwirkt, um eine ihren Gesellschafterinteressen entsprechende Willensbildung der Kapitalgesellschaft herbeizuführen.
Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat dazu entschieden, dass darauf jedoch im Sozialversicherungsrecht gerade nicht abgestellt werden kann. Selbst schuldrechtliche Stimmbindungsverträge sind für die Beurteilung der Versicherungspflicht eines Gesellschafter-Geschäftsführers unbeachtlich.
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Ein Gesellschafter. Geschäftsführer ist nicht per se kraft seiner Kapitalbeteiligung selbstständig tätig, sondern muss über seine Gesellschafterstellung hinaus die Rechtsmacht besitzen, durch Einflussnahme auf die Gesellschafterversammlung die Geschicke der Gesellschaft bestimmen zu können. Eine solche Rechtsmacht ist bei einem Gesellschafter gegeben, der mehr als 50 v.H. der Anteile am Stammkapital hält. Ein Geschäftsführer, der nicht über diese Kapitalbeteiligung verfügt und damit als Mehrheitsgesellschafter ausscheidet, ist dagegen grundsätzlich abhängig beschäftigt.
Hält ein Gesellschafter nicht mehr als 50 % der Gesellschaftsanteile, kann er nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs einem beherrschenden Gesellschafter gleichgestellt werden, wenn er mit anderen gleichgerichtete materielle, dh finanzielle Interessen verfolgenden Gesellschaftern zusammenwirkt, um eine ihren Gesellschafterinteressen entsprechende Willensbildung der Kapitalgesellschaft herbeizuführen.
Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat dazu entschieden, dass darauf jedoch im Sozialversicherungsrecht gerade nicht abgestellt werden kann. Selbst schuldrechtliche Stimmbindungsverträge sind für die Beurteilung der Versicherungspflicht eines Gesellschafter-Geschäftsführers unbeachtlich.
Berücksichtigung des Kindererziehungsaufwands in der Pflegeversicherung
Sozialrecht
Mit Wirkung zum 1.1.2005 wurde in der Pflegeversicherung ein Beitragszuschlag für Kinderlose eingeführt. Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts werden in dem gegenwärtigen System der sozialen Pflegeversicherung Eltern mit mehr Kindern gegenüber solchen mit weniger Kindern in spezifischer Weise benachteiligt, weil der mit steigender Kinderzahl anwachsende Erziehungsmehraufwand im geltenden Beitragsrecht keine Berücksichtigung findet. Die gleiche Beitragsbelastung der Eltern unabhängig von der Zahl ihrer Kinder ist verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt und mit dem Grundgesetz unvereinbar.
Der Gesetzgeber ist verpflichtet, bis zum 31.7.2023 eine Neuregelung zu treffen.
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Der Gesetzgeber ist verpflichtet, bis zum 31.7.2023 eine Neuregelung zu treffen.
Rückforderung von Sozialleistungen
Sozialrecht
Grundsätzlich erbringen Sozialleistungsträger jedem Hilfsbedürftigen Sozialleistungen. Allerdings können sie sich das Geld auch zurückholen, wenn der Hilfsbedürftige noch Ansprüche gegen Dritte hat. Die Sozialleistungsträger können diese Ansprüche auf sich überleiten und dann selbst gegen die Dritten geltend machen. Zu solchen Ansprüchen gegenüber Dritten können auch erbrechtliche Ansprüche gehören. Wird also jemand, dem der Staat Sozialleistungen gewährt hat, Erbe, kann er diesen Anspruch auf sich überleiten und ihn gegenüber den anderen Erben geltend machen.
Zu dieser Problematik hatte das Oberlandesgericht Oldenburg über folgenden Sachverhalt zu entscheiden: Eine Stadt hatte für einen Mann über Jahre ca. 19.000 € Sozialleistungen erbracht. Als seine Mutter im Jahr 2015 verstarb, setzte diese den Sohn des Mannes, also ihren Enkel, als Alleinerben ein. Der Mann selbst wurde nicht Erbe und hatte somit nur einen Pflichtteilsanspruch. Er selbst verstarb im Jahr 2020. Die Stadt hatte den Pflichtteilsanspruch des Mannes gegenüber seiner verstorbenen Mutter in Höhe der erbrachten Sozialleistungen auf sich übergeleitet. Sie wandte sich nach dessen Tod dann an den Enkelsohn als Pflichtteilsschuldner und verlangte Zahlung. Mit Erfolg, wie die Richter entschieden.
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Zu dieser Problematik hatte das Oberlandesgericht Oldenburg über folgenden Sachverhalt zu entscheiden: Eine Stadt hatte für einen Mann über Jahre ca. 19.000 € Sozialleistungen erbracht. Als seine Mutter im Jahr 2015 verstarb, setzte diese den Sohn des Mannes, also ihren Enkel, als Alleinerben ein. Der Mann selbst wurde nicht Erbe und hatte somit nur einen Pflichtteilsanspruch. Er selbst verstarb im Jahr 2020. Die Stadt hatte den Pflichtteilsanspruch des Mannes gegenüber seiner verstorbenen Mutter in Höhe der erbrachten Sozialleistungen auf sich übergeleitet. Sie wandte sich nach dessen Tod dann an den Enkelsohn als Pflichtteilsschuldner und verlangte Zahlung. Mit Erfolg, wie die Richter entschieden.
Minijobgrenze und Mindestlohn sollen ab dem 1.10.2022 steigen
Sozialrecht
Die Höchstgrenze für eine geringfügig entlohnte Beschäftigung (Geringfügigkeitsgrenze) beträgt seit dem Jahr 2013 unverändert 450 € monatlich, während die durchschnittlichen Löhne und Gehälter seither deutlich gestiegen sind. Für Minijobber bedeutet dies, dass sie bei einer Lohnerhöhung, auch aufgrund eines ansteigenden Mindestlohns, ihre Arbeitszeit reduzieren müssen, um ihre Beschäftigung weiterhin in Form eines sog. Minijobs ausüben zu können. Spätestens ab dem Betrag von 450 € bringen Lohnerhöhungen nicht mehr den gewünschten Effekt.
Der Mindestlohn wird mit dem Mindestlohnerhöhungsgesetz zum 1.10.2022 einmalig auf einen Bruttostundenlohn von 12 € erhöht. Über künftige Anpassungen der Höhe des Mindestlohns entscheidet weiterhin die Mindestlohnkommission.
Künftig soll sich die Geringfügigkeitsgrenze an einer Wochenarbeitszeit von 10 Stunden zu Mindestlohnbedingungen orientieren. Der Gesetzentwurf sieht dafür mit Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auch die Anhebung der Minijobgrenze auf 520 € monatlich vor, die auch dynamisch ausgestaltet werden soll. Zugleich sollen Maßnahmen getroffen werden, die die Aufnahme einer sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigung fördern und verhindern helfen, dass Minijobs als Ersatz für reguläre Arbeitsverhältnisse missbraucht werden. Dazu wird die Möglichkeit eines zulässigen unvorhersehbaren Überschreitens der Entgeltgrenze für eine geringfügig entlohnte Beschäftigung gesetzlich geregelt.
Die Höchstgrenze für eine Beschäftigung im Übergangsbereich – sog. Midijobgrenze – wird ebenfalls ab dem 1.10.2022 von monatlich 1.300 € auf 1.600 € angehoben. Dazu wird der Arbeitgeberbeitrag oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze zunächst auf die für einen Minijob zu leistenden Pauschalbeiträge in Höhe von 28 % angeglichen und gleitend auf den regulären Sozialversicherungsbeitrag abgeschmolzen. Aus Sicht betroffener Arbeitgeber hat dies einen transparenten und linear verlaufenden Tarif zur Folge. Aus Sicht der Beschäftigten folgt einem höheren Bruttolohn dann zumindest vor Steuern auch ein höherer Nettolohn, sodass sich Mehrarbeit für die Beschäftigten lohnt und nicht durch einen überproportionalen Anstieg ihrer Beitragsbelastung entwertet wird.
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Der Mindestlohn wird mit dem Mindestlohnerhöhungsgesetz zum 1.10.2022 einmalig auf einen Bruttostundenlohn von 12 € erhöht. Über künftige Anpassungen der Höhe des Mindestlohns entscheidet weiterhin die Mindestlohnkommission.
Künftig soll sich die Geringfügigkeitsgrenze an einer Wochenarbeitszeit von 10 Stunden zu Mindestlohnbedingungen orientieren. Der Gesetzentwurf sieht dafür mit Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auch die Anhebung der Minijobgrenze auf 520 € monatlich vor, die auch dynamisch ausgestaltet werden soll. Zugleich sollen Maßnahmen getroffen werden, die die Aufnahme einer sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigung fördern und verhindern helfen, dass Minijobs als Ersatz für reguläre Arbeitsverhältnisse missbraucht werden. Dazu wird die Möglichkeit eines zulässigen unvorhersehbaren Überschreitens der Entgeltgrenze für eine geringfügig entlohnte Beschäftigung gesetzlich geregelt.
Die Höchstgrenze für eine Beschäftigung im Übergangsbereich – sog. Midijobgrenze – wird ebenfalls ab dem 1.10.2022 von monatlich 1.300 € auf 1.600 € angehoben. Dazu wird der Arbeitgeberbeitrag oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze zunächst auf die für einen Minijob zu leistenden Pauschalbeiträge in Höhe von 28 % angeglichen und gleitend auf den regulären Sozialversicherungsbeitrag abgeschmolzen. Aus Sicht betroffener Arbeitgeber hat dies einen transparenten und linear verlaufenden Tarif zur Folge. Aus Sicht der Beschäftigten folgt einem höheren Bruttolohn dann zumindest vor Steuern auch ein höherer Nettolohn, sodass sich Mehrarbeit für die Beschäftigten lohnt und nicht durch einen überproportionalen Anstieg ihrer Beitragsbelastung entwertet wird.