In einem vom Oberlandesgericht in München entschiedenen Fall errichtete eine kinderlose und verwitwete Erblasserin im April 2011 ein handschriftliches Testament folgenden Inhalts: „Mein letzter Wille! Die Person, die mich bis zu meinem Tode pflegt und betreut, soll mein gesamtes Vermögen bekommen! Zurzeit ist es: Frau xy, wohnhaft … Ich bin im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte. Unterschrift“
Wenn der Wortlaut eines Testaments so unbestimmt ist, dass die Auslegung ergebnislos bleiben muss, ist es ungültig. So war es auch im o.g. Fall. Auch im Wege der Testamentsauslegung konnte nicht feststellt werden, welche Kriterien nach dem allein maßgeblichen Erblasserwillen erfüllt sein müssen, damit der Erbe benannt werden kann.
Fraglich war bereits, ob die Erblasserin sich bei der Errichtung des Testaments von der Vorstellung leiten ließ, dass die Person, die sie „pflegt und betreut“ dies ab Errichtung des Testaments zu tun hatte. Denkbar war aber auch, dass (auch) ein späteres Übernehmen von Pflege und Betreuung ausreichend sein sollte. Ebenso offen und im Wege der Auslegung nicht sicher feststellbar war, ob die Person, die „pflegt und betreut“, dies ununterbrochen (unabhängig vom jeweiligen Beginn) tun musste. Letztlich ließ sich auch nicht klären, ob das zeitliche Element von „Pflege und Betreuung“ nach der Vorstellung der Erblasserin tatsächlich bis „in“ den Tod im Sinne einer Sterbebegleitung erfolgen musste. Darüber hinaus lässt sich aber auch nicht mit hinreichender Sicherheit im Wege der Testamentsauslegung ermitteln, was die Erblasserin inhaltlich unter „pflegt und betreut“ verstand.
Aktuelles
Haftung bei Sturz über abgestellte E-Roller
Verkehrsrecht
In einem Fall aus der Praxis musste das Oberlandesgericht Bremen (OLG) über die Haftung nach einem Unfall mit auf einem Bürgersteig abgestellten E-Rollern entscheiden. Die E-Roller waren von einer Verleihfirma auf einem 5,50 Meter breiten Gehweg im 90°-Winkel zur angrenzenden Hauswand parallel nebeneinander abgestellt worden, wobei die Lenker zum Gehweg zeigten. Ein blinder Fußgänger stürzte über die Roller, verletzte sich dabei schwer und verlangte u.a. mindestens 20.000 € Schmerzensgeld von der Verleihfirma.
Das Ordnungsamt hatte in seiner erteilten Sondernutzungserlaubnis (SNE) festgelegt, dass bei der Auswahl der Standorte sowie beim Aufstellen der Fahrzeuge die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs zu gewährleisten sind. Besonders die Belange von Senioren, Kindern und Menschen mit Behinderung sollten dabei berücksichtigt werden. Zudem muss am neuen Standort eine Restgehweite von mindestens 1,50 Metern verbleiben.
Das Gericht stellte fest, dass die Verleihfirma die in der SNE festgelegten Abstände und Maße beim Abstellen der Roller eingehalten hatte. Die Verleihfirma unterlag zwar einer Verkehrssicherungspflicht und war danach grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Eine Verletzung dieser Pflicht lag nach Auffassung der OLG-Richter nicht vor. Die Art des Abstellens der E-Roller, nämlich parallel zueinander in einem 90°-Winkel zur Hauswand in Richtung Gehweg verstößt weder gegen die SNE noch gegen allgemeine zivilrechtliche Rücksichtnahme- und Fürsorgepflichten gegenüber besonders schutzbedürftigen Menschen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die E-Roller bei dem Sturz noch standen oder bereits lagen. Dementsprechend konnte die Verleihfirma nicht haftbar gemacht werden.
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Das Ordnungsamt hatte in seiner erteilten Sondernutzungserlaubnis (SNE) festgelegt, dass bei der Auswahl der Standorte sowie beim Aufstellen der Fahrzeuge die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs zu gewährleisten sind. Besonders die Belange von Senioren, Kindern und Menschen mit Behinderung sollten dabei berücksichtigt werden. Zudem muss am neuen Standort eine Restgehweite von mindestens 1,50 Metern verbleiben.
Das Gericht stellte fest, dass die Verleihfirma die in der SNE festgelegten Abstände und Maße beim Abstellen der Roller eingehalten hatte. Die Verleihfirma unterlag zwar einer Verkehrssicherungspflicht und war danach grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Eine Verletzung dieser Pflicht lag nach Auffassung der OLG-Richter nicht vor. Die Art des Abstellens der E-Roller, nämlich parallel zueinander in einem 90°-Winkel zur Hauswand in Richtung Gehweg verstößt weder gegen die SNE noch gegen allgemeine zivilrechtliche Rücksichtnahme- und Fürsorgepflichten gegenüber besonders schutzbedürftigen Menschen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die E-Roller bei dem Sturz noch standen oder bereits lagen. Dementsprechend konnte die Verleihfirma nicht haftbar gemacht werden.
Kündigung eines Prämiensparvertrags durch die Bank
Wirtschaftsrecht
Die Richter des Bundesgerichtshofs (BGH) hatten sich mit einem Fall zu befassen, in dem eine Sparkasse eine jährliche Prämie auf die Jahressparleistung eines Sparers gewährte, die vom dritten bis zum fünfzehnten Sparjahr stetig auf 50 % anstieg.
Bei einem Prämiensparvertrag, bei dem die Prämien auf die Sparbeiträge stufenweise bis zu einem bestimmten Sparjahr steigen, ist das Recht der Sparkasse zur ordentlichen Kündigung auch dann (nur) bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe ausgeschlossen, wenn in der Vertragsurkunde die Sparprämie auch für Folgejahre ausdrücklich aufgeführt ist. Ein Geldinstitut darf dem Sparer also den Anspruch auf die Sparprämien nicht durch eine ordentliche Kündigung vor Erreichen der Höchststufe entziehen.
Die Richter führten aus, dass jedoch kein über das 15. Sparjahr hinausgehender Ausschluss des Kündigungsrechts vereinbart wurde. Die bis zum 15. Sparjahr ansteigende Prämienhöhe stellt den besonderen Sparanreiz dar. Eine gleichbleibende Prämienhöhe nach diesem Zeitraum bietet keinen solchen Anreiz.
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Bei einem Prämiensparvertrag, bei dem die Prämien auf die Sparbeiträge stufenweise bis zu einem bestimmten Sparjahr steigen, ist das Recht der Sparkasse zur ordentlichen Kündigung auch dann (nur) bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe ausgeschlossen, wenn in der Vertragsurkunde die Sparprämie auch für Folgejahre ausdrücklich aufgeführt ist. Ein Geldinstitut darf dem Sparer also den Anspruch auf die Sparprämien nicht durch eine ordentliche Kündigung vor Erreichen der Höchststufe entziehen.
Die Richter führten aus, dass jedoch kein über das 15. Sparjahr hinausgehender Ausschluss des Kündigungsrechts vereinbart wurde. Die bis zum 15. Sparjahr ansteigende Prämienhöhe stellt den besonderen Sparanreiz dar. Eine gleichbleibende Prämienhöhe nach diesem Zeitraum bietet keinen solchen Anreiz.
GmbH-Geschäftsführer – unwirksame Beschränkung einer variablen Vergütung
Wirtschaftsrecht
In einem vom Oberlandesgericht München entschiedenen Fall enthielt ein Geschäftsführer-Dienstvertrag u.a. folgende Klauseln: „Der Geschäftsführer erhält ein Jahresgrundgehalt von EUR 190.000,- € brutto, welches in zwölf gleichen Raten zum Ende eines jeden Monats ausgezahlt wird. Darüber hinaus erhält der Geschäftsführer während der Dauer seiner Bestellung ein variables Jahresgehalt. Die Höhe des variablen Jahresgehalts ist abhängig von der Erreichung von Zielen, die von der Gesellschaft vor Beginn des Jahres, auf das sich das variable Jahresgehalt bezieht, in Abstimmung mit dem Geschäftsführer festgelegt werden. Eine Änderung der zuvor bestimmten Ziele, die einen wesentlichen Einfluss auf die Höhe der variablen Vergütung haben kann, ist während des Jahres, auf das sich das variable Gehalt bezieht, nur mit Zustimmung des Geschäftsführers möglich. …“
Das OLG kam zu dem Urteil, dass die Beschränkung der zugesagten variablen Vergütung auf die Dauer der Bestellung zum Geschäftsführer gegen den im Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) verkörperten Grundgedanken des GmbH-Rechts verstößt. Nach den Regelungen des GmbHG kann ein Geschäftsführer zwar jederzeit abberufen werden, die Abberufung als solche darf aber keinen Einfluss auf seinen Vergütungsanspruch haben. Die dem Geschäftsführer zugesagte variable Vergütung ist zweifellos Vergütungsbestandteil in diesem Sinne.
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Das OLG kam zu dem Urteil, dass die Beschränkung der zugesagten variablen Vergütung auf die Dauer der Bestellung zum Geschäftsführer gegen den im Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) verkörperten Grundgedanken des GmbH-Rechts verstößt. Nach den Regelungen des GmbHG kann ein Geschäftsführer zwar jederzeit abberufen werden, die Abberufung als solche darf aber keinen Einfluss auf seinen Vergütungsanspruch haben. Die dem Geschäftsführer zugesagte variable Vergütung ist zweifellos Vergütungsbestandteil in diesem Sinne.
Betriebsübergang – Geschäftsführer mit Arbeitsvertrag
Wirtschaftsrecht
Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch tritt bei einem Betriebsübergang der neue Inhaber in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Im Falle eines Geschäftsführers entschieden die Richter des Bundesarbeitsgerichts in ihrem Urteil v. 20.7.2023: „Liegt der rechtlichen Beziehung zwischen Organ (Geschäftsführer) und Gesellschaft ein Arbeitsverhältnis zugrunde, geht bei einem Betriebsübergang zwar das Arbeitsverhältnis, nicht aber die Organstellung auf den Erwerber über.“
Ein Geschäftsführer hatte 13 Jahre für das Unternehmen gearbeitet, bevor er zum Geschäftsführer ernannt wurde. Es wurde kein separater Dienstvertrag abgeschlossen, sondern stattdessen sein bestehender Arbeitsvertrag mit geringfügigen Änderungen fortgeführt. Als das Unternehmen Insolvenz anmeldete, übernahm ein anderes Konzernunternehmen im Wesentlichen die Geschäftstätigkeit. Ob dies ein Betriebsübergang war, war umstritten. Trotzdem wurde dem Geschäftsführer vom Insolvenzverwalter gekündigt. Einen Tag nach der Kündigung gab er seine Position als Geschäftsführer auf, forderte aber weiterhin, als Angestellter beschäftigt zu bleiben. Er argumentierte, dass sein Arbeitsverhältnis übergegangen war. Das Landesarbeitsgericht Hamm folgte dieser Argumentation nicht. Das Bundesarbeitsgericht entschied jedoch zugunsten des Geschäftsführers.
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Ein Geschäftsführer hatte 13 Jahre für das Unternehmen gearbeitet, bevor er zum Geschäftsführer ernannt wurde. Es wurde kein separater Dienstvertrag abgeschlossen, sondern stattdessen sein bestehender Arbeitsvertrag mit geringfügigen Änderungen fortgeführt. Als das Unternehmen Insolvenz anmeldete, übernahm ein anderes Konzernunternehmen im Wesentlichen die Geschäftstätigkeit. Ob dies ein Betriebsübergang war, war umstritten. Trotzdem wurde dem Geschäftsführer vom Insolvenzverwalter gekündigt. Einen Tag nach der Kündigung gab er seine Position als Geschäftsführer auf, forderte aber weiterhin, als Angestellter beschäftigt zu bleiben. Er argumentierte, dass sein Arbeitsverhältnis übergegangen war. Das Landesarbeitsgericht Hamm folgte dieser Argumentation nicht. Das Bundesarbeitsgericht entschied jedoch zugunsten des Geschäftsführers.
Erhöhung der Mindestvergütung für Auszubildende
Arbeitsrecht
Seit dem 1.1.2020 gilt eine Mindestvergütung für Auszubildende, die außerhalb der Tarifbindung liegen. Die Höhe der monatlichen Mindestvergütung nach dem Berufsbildungsgesetz wurde nun fortgeschrieben. Hier eine Übersicht der Mindestvergütungen von 2020 bis 2024 vom 1.1. bis 31.12. des jeweiligen Jahres:
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Ausbildungsbeginn | 1. Ausbildungsjahr | 2. Ausbildungsjahr | 3. Ausbildungsjahr | 4. Ausbildungsjahr |
2024 | 649,00 € | 766,00 € | 876,00 € | 909,00 € |
2023 | 620,00 € | 731,60 € | 837,00 € | 868,00 € |
2022 | 585,00 € | 690,30 € | 789,75 € | 819,00 € |
2021 | 550,00 € | 649,00 € | 742,50 € | 770,00 € |
2020 | 515,00 € | 607,70 € | 695,25 € | 721,00 € |