Aktuelles

Vorfälligkeitsentschädigung – kein Anspruch bei fehlerhafter Angabe zur Berechnungsmethode

Wirtschaftsrecht

Der Darlehensgeber kann im Fall der vorzeitigen Rückzahlung eine angemessene Vorfälligkeitsentschädigung für den unmittelbar mit der vorzeitigen Rückzahlung zusammenhängenden Schaden verlangen, wenn der Darlehensnehmer zum Zeitpunkt der Rückzahlung Zinsen zu einem gebundenen Sollzinssatz schuldet. Ein Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag muss u.a. klar und verständlich formulierte Angaben über die Berechnungsmethode des Anspruchs auf Vorfälligkeitsentschädigung beinhalten, soweit der Darlehensgeber beabsichtigt, diesen Anspruch geltend zu machen, falls der Darlehensnehmer das Darlehen vorzeitig zurückzahlt. Der Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung ist ausgeschlossen, wenn z.B. im Vertrag die Angaben über die Laufzeit des Vertrags, das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers oder die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung unzureichend sind.

Die in einem Immobiliendarlehensvertrag mit fester Zinsbindung enthaltene Angabe zur Berechnungsmethode der Vorfälligkeitsentschädigung ist dann fehlerhaft im Sinne der o.g. Regelung und steht einem Anspruch der Bank auf Vorfälligkeitsentschädigung entgegen, wenn darin auf die Wiederanlage in „kongruenten Kapitalmarkttiteln öffentlicher Schuldner“ abgestellt wird. Dies entschieden die Richter des Saarländischen Oberlandesgerichts in ihrem Urteil v. 26.1.2023.

Der finanzielle Nachteil des Darlehensgebers liegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei der in diesem Fall von der Bank gewählten „Aktiv-Passiv-Methode“ – in der Differenz zwischen den Zinsen, die der Darlehensnehmer bei Abnahme des Darlehens und vereinbarungsgemäßer Durchführung des Vertrags tatsächlich gezahlt hätte, und der Rendite, die sich aus einer laufzeitkongruenten Wiederanlage der freigewordenen Beträge in sicheren Kapitalmarkttiteln ergibt. Dabei ist die Rendite einer Wiederanlage in Hypothekenpfandbriefen und nicht die Rendite von Wertpapieren der öffentlichen Hand zugrundezulegen.
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„Fahrt ins Blaue“ – Bestimmungsrecht des Reiseveranstalters

Wirtschaftsrecht

Bei einer Überraschungsreise (z.B. „Fahrt ins Blaue“) ohne vorherige Kenntnis von Reiseziel und Reiseprogramm kann der Reiseveranstalter über die von ihm zu erbringenden Leistungen bestimmen. Sobald er jedoch den Reisenden ein Reiseprogramm aushändigt, sind die darin genannten Leistungen für ihn verbindlich. Sein Bestimmungsrecht übt der Reiseveranstalter also nicht erst mit der tatsächlichen Leistungserbringung aus, sondern bereits mit der Aushändigung des Reiseprogramms.

Dem Bundesgerichtshof lag dazu folgender Sachverhalt zur Entscheidung vor: Ein Reiseveranstalter bewarb eine Tour als „Fahrt ins Blaue“. Diese Tour mit unbekanntem Ziel und einem Gesamtpreis von ca. 2.140 € wurde über ein Reisebüro für elf Leute gebucht. Das bis dahin unbekannte Reiseprogramm wurde bei der Abfahrt verteilt. Darin war eine Fahrt nach Hamburg mit einer Museumsführung, einer großen Hafenrundfahrt und als Höhepunkt ein Musical-Besuch aufgeführt. Aufgrund der Corona-Pandemie musste der Musical-Besuch entfallen und als Ersatz wurde eine 3-stündige Stadtrundfahrt unternommen.

Der BGH sprach den Reisenden eine von ihnen verlangte Minderung des Reisepreises zu, da die durchgeführte Stadtrundfahrt keine gleichartige und gleichwertige Ersatzleistung gegenüber dem Musical-Besuch war.
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Keine Panoramafreiheit für Drohnenaufnahmen

Wirtschaftsrecht

Nach dem Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte ist es zulässig, Werke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden, z.B. durch Lichtbild oder durch Film zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben. Bei Bauwerken erstrecken sich diese Befugnisse nur auf die äußere Ansicht.

Die Einschränkung des Urheberrechts durch die Panoramafreiheit, die eine unentgeltliche Nutzung gestattet, schließt jedoch nur diejenigen Perspektiven ein, die von öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen aus bestehen. Hierzu gehört nicht der Luftraum. Der Einsatz von Hilfsmitteln zur Erlangung einer anderen Perspektive ist nicht mehr von der Panoramafreiheit gedeckt. Dies hatte bereits der Bundesgerichtshof für den Einsatz einer Leiter entschieden. Für den Einsatz einer Drohne kann nichts anderes gelten, sodass die mittels einer Drohne gefertigten Bildaufnahmen nicht von der Panoramafreiheit gedeckt sind.
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Endgehaltsbezogene Betriebsrente und Teilzeit

Arbeitsrecht

Eine Betriebsrentenzusage kann zulässig auf das im letzten Kalenderjahr vor dem Ausscheiden durchschnittlich bezogene Monatsgehalt abstellen, um die Betriebsrentenleistungen zu berechnen, und dieses im Fall von Teilzeitbeschäftigung innerhalb der letzten zehn Jahre vor dem Ausscheiden mit einem Faktor für den durchschnittlichen Beschäftigungsumfang in diesem Zeitraum modifizieren. Zu dieser Entscheidung kam das Bundesarbeitsgericht (BAG) in seinem Urteil v. 20.6.2023.

Die Richter des BAG führten aus, dass bei einer endgehaltsbezogenen Betriebsrentenzusage, selbst wenn diese zudem die erbrachte Dienstzeit honoriert, auf das zuletzt maßgebliche Entgelt auch bei Teilzeitkräften abgestellt werden darf. Die endgehaltsbezogene Betriebsrente dient insoweit dem legitimen Zweck der Erhaltung des letzten im Erwerbsleben erarbeiteten Lebensstandards im Ruhestand. Hierbei ist es nicht zu beanstanden, wenn die Zusage einen Betrachtungszeitraum von zehn Jahren vor dem Ausscheiden zur Bestimmung des maßgeblichen durchschnittlichen Beschäftigungsumfangs von Teilzeitbeschäftigten zugrundelegt. Diese werden dadurch nicht unzulässig benachteiligt. Die Klage einer von Mai 2005 bis zu ihrem Ausscheiden im September 2020 in Teilzeit beschäftigten Arbeitnehmerin hatte damit keinen Erfolg.
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AU bei Erkrankung im Ausland

Arbeitsrecht

Nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz ist ein Arbeitnehmer, der sich bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit (AU) im Ausland aufhält, verpflichtet, dem Arbeitgeber die AU, deren voraussichtliche Dauer und die Adresse am Aufenthaltsort in der schnellstmöglichen Art der Übermittlung mitzuteilen. Die durch die Mitteilung entstehenden Kosten hat der Arbeitgeber zu tragen. Darüber hinaus ist ein Arbeitnehmer, wenn er Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse ist, verpflichtet, auch dieser die AU und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich anzuzeigen. Dauert die AU länger als angezeigt, so ist der Arbeitnehmer verpflichtet, der gesetzlichen Krankenkasse die voraussichtliche Fortdauer der AU mitzuteilen.

Die von einem Arzt im Ausland ausgestellte AU-Bescheinigung hat i.d.R. den gleichen Beweiswert wie die Bescheinigung eines Arztes in Deutschland. Sie muss jedoch erkennen lassen, dass der Arzt im Ausland unterschieden hat zwischen einer bloßen Erkrankung und einer mit Arbeitsunfähigkeit verbundenen Krankheit. Also eine Beurteilung entsprechend den Begriffen aus dem deutschen Arbeits- und Sozialversicherungsrecht.
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Offene Videoüberwachung – Verwertungsverbot

Arbeitsrecht

Einem Arbeitnehmer wurde vorgeworfen, eine sog. Mehrarbeitsschicht absichtlich nicht zu leisten, aber bezahlt zu bekommen. Nach seinen Angaben hatte er zwar an dem Tag zunächst das Werksgelände betreten. Die auf einen anonymen Hinweis hin erfolgte Auswertung der Aufzeichnungen einer durch ein Piktogramm ausgewiesenen und auch sonst nicht zu übersehenden Videokamera an einem Tor zum Werksgelände ergab nach den Angaben des Arbeitsgebers aber, dass er dieses noch vor Schichtbeginn wieder verlassen hatte.

In einem Kündigungsschutzprozess besteht grundsätzlich kein Verwertungsverbot von Aufzeichnungen aus einer offenen Videoüberwachung, die vorsätzlich vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers belegen sollen. Das gilt auch dann, wenn die Überwachungsmaßnahme des Arbeitgebers nicht in jeder Hinsicht den Vorgaben des Bundesdatenschutzgesetzes bzw. der Datenschutz-Grundverordnung entsprach.
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