Aktuelles

Berücksichtigung des Kindererziehungsaufwands in der Pflegeversicherung

Sozialrecht

Mit Wirkung zum 1.1.2005 wurde in der Pflegeversicherung ein Beitragszuschlag für Kinderlose eingeführt. Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts werden in dem gegenwärtigen System der sozialen Pflegeversicherung Eltern mit mehr Kindern gegenüber solchen mit weniger Kindern in spezifischer Weise benachteiligt, weil der mit steigender Kinderzahl anwachsende Erziehungsmehraufwand im geltenden Beitragsrecht keine Berücksichtigung findet. Die gleiche Beitragsbelastung der Eltern unabhängig von der Zahl ihrer Kinder ist verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt und mit dem Grundgesetz unvereinbar.

Der Gesetzgeber ist verpflichtet, bis zum 31.7.2023 eine Neuregelung zu treffen.
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Umlage der Grundsteuer auf Mieter

Mietrecht

Unabhängig davon, ob es sich um einen gewerblichen oder privaten Mieter handelt, können bestimmte Kosten des Vermieters auf den Mieter umgelegt werden, welche dieser durch die Nebenkosten zahlt. Während aber die gezahlte Miete bei Privatpersonen zu der eigenen Vermögenssphäre gehört, ist die Mietzahlung bei Unternehmern als Betriebsausgabe anzusetzen. Diese ist einschließlich der Nebenkosten auch bei der Gewerbesteuerberechnung zu berücksichtigen, entschied der Bundesfinanzhof (BFH).

In einem vom BFH am 2.2.2022 entschiedenen Fall mietete ein Gewerbetreibender ein Bürogebäude für seine Firma an. Laut dem Mietvertrag hatte er neben weiteren Kosten auch die anfallende Grundsteuer zu zahlen. Das Finanzamt berücksichtigte die Zahlungen der Grundsteuer als Bestandteil der Miete. Damit ist der Betrag auch bei der Gewerbesteuerberechnung zu berücksichtigen. Ein Achtel der im Veranlagungszeitraum getätigten Mietzahlungen für die Nutzung unbeweglicher Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ist dem Gewinn bei der Gewerbesteuerberechnung hinzuzurechnen, sofern die Aufwendungen den Gewinn vorher gemindert haben. 

Der BFH stimmte dem Ansatz des Finanzamtes zu. Unter den Mietaufwendungen sind nicht nur die reinen Mietzahlungen zu verstehen, sondern auch umgelegte Kosten, wie hier die Grundsteuer. Eine Hinzurechnung bei der Gewerbesteuerberechnung ist demnach vorzunehmen. Nicht in Ordnung wäre es dagegen, wenn diese Hinzurechnung vermindert wird, indem der Mieter Aufwendungen des Vermieters übernimmt und dieser dafür nur einen verminderten Mietzins erhält.
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Rechte von Bauherren beim sog. Verbraucherbauvertrag

Mietrecht

Verbraucherbauverträge sind Verträge, durch die der Unternehmer von einem Verbraucher zum Bau eines neuen Gebäudes oder zu erheblichen Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude verpflichtet wird. Ein Verbraucherbauvertrag im Sinne dieser Regelung liegt auch dann vor, wenn Bauherren beim Neubau eines Wohnhauses die Gewerke an einzelne Handwerksunternehmen vergeben.

In einem vom Oberlandesgericht Zweibrücken (OLG) entschiedenen Fall gab es zwischen einem Handwerksunternehmen und einem Bauherren-Ehepaar Streit über die Qualität der erbrachten Handwerksleistungen und die Eheleute verweigerten die Zahlung des Restbetrags in Höhe von ca. 8.000 €. Auch der Forderung des Handwerkers nach einer Sicherheitsleistung für diese ausstehende Summe, z. B. durch eine Bankbürgschaft, wollten sie nicht nachkommen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Eheleute hatte Erfolg. Nach der Entscheidung des OLG besteht der Anspruch des Handwerksunternehmens bereits deshalb nicht, weil es sich hier um einen Verbraucherbauvertrag handelt. In dieser Situation greift ein gesetzlicher Ausschlusstatbestand zu Gunsten der Verbraucher.

Die Richter führten in ihrer Begründung aus, dass es in der Rechtsprechung bislang keine Einigkeit darüber gibt, ob der Anfang 2018 eingeführte Verbraucherbauvertrag auch die gewerkeweise Vergabe von Aufträgen an verschiedene Bauunternehmer umfasst. Aus Gründen des Verbraucherschutzes kann es jedoch keinen Unterschied machen, ob ein Unternehmer alle Leistungen aus einer Hand erbringt oder die Bauherren die Leistungen einzeln vergeben würden. Zudem könnten Bauträger oder Generalübernehmer die Verbraucherschutzvorschriften ansonsten durch Herausnahme einzelner Leistungen umgehen. Dies ist vom Gesetzgeber nicht gewollt, so die Richter. Die Revision zum Bundesgerichtshof wurde zugelassen und auch schon eingelegt.
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Umgangsrecht bei Trennung und Scheidung

Familienrecht

Wenn ein Kind nach der Trennung bei einem Elternteil bleibt, hat der andere Elternteil meist ein Umgangsrecht, z. B. an jedem zweiten Wochenende. Häufig einigen sich die Eltern vor dem Familiengericht darüber, wie das Umgangsrecht genau ausgestaltet wird. Das Oberlandesgericht Oldenburg (OLG) hatte am 14.1.2022 zu entscheiden, was passiert, wenn sich die Lebensumstände ändern und es zu Streit kommt. 

Die Eltern eines sechsjährigen Kindes hatten sich über ein Umgangsrecht des Vaters geeinigt. Dabei hatte die Mutter zugesagt, das Kind zum Umgang zum Vater nach Ostfriesland zu bringen. Der Vater übernahm den Rücktransport. Nach ca. einem Jahr begehrte die Mutter eine Änderung der Vereinbarung. Sie argumentierte, sie könnte das Kind nicht mehr bringen, weil sie ein weiteres Kind bekommen hatte und daher zeitlich nicht mehr so flexibel ist. Außerdem war sie umgezogen, wodurch sich die Reisezeiten verlängert hatten. Der Kindesvater wollte an der getroffenen Einigung festhalten.

Die OLG-Richter gaben der Mutter recht. Eine vor Gericht abgeschlossene Umgangsvereinbarung kann zwar ohne die Einwilligung beider Elternteile nur geändert werden, wenn dies dem Kindeswohl dient und eine gewisse „Änderungsschwelle“ überschritten ist. Dies war hier aber der Fall. Denn der Transport des Kindes zum Vater war der Mutter wegen der geänderten Umstände nicht mehr zumutbar, sodass der Umgang ohne eine Anpassung der Regelung nicht sichergestellt war.
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Teilnahme eines Elternteils an der Einschulungsfeier seines Kindes

Familienrecht

In dem entschiedenen Fall waren die beteiligten Kindeseltern getrenntlebende Eheleute und der Trennungskonflikt schon Gegenstand mehrerer familiengerichtlicher Verfahren. Zuletzt wurde die elterliche Sorge für beide Kinder auf die Kindesmutter übertragen und dem Kindesvater ein Umgangsrecht im Umfang von zwei Stunden wöchentlich unter Begleitung des Kinderschutzbundes zugesprochen. Sowohl im Sorgerechts- als auch im Umgangsverfahren hat der Kindesvater Beschwerden eingelegt. Diese sind aber noch nicht abgeschlossen.

Während dieser Beschwerdeverfahren ist der Kindesvater mit dem Wunsch an die Kindesmutter herangetreten, an der Einschulungsfeier eines der Kinder teilnehmen zu dürfen, und stellte einen entsprechenden Antrag bei Gericht. Die Kindesmutter lehnte dieses Ansinnen unter Androhung eines Polizeieinsatzes ab.

Grundsätzlich hat ein Kind das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil und jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt. Dieses Umgangsrecht beinhaltet zwar regelmäßig auch das Recht zur Teilnahme an besonderen Ereignissen wie z. B. einer Einschulungsfeier. Dies setzt aber voraus, dass beide Eltern spannungsfrei an dieser Veranstaltung teilnehmen können und nicht die Gefahr besteht, dass die familiäre Belastung in die Veranstaltung hineingetragen wird. Somit lehnten die Richter des Oberlandesgerichts Zweibrücken den Antrag des Vaters ab.
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Wirksamkeit eines Drei-Zeugen-Testaments

Erbrecht

Wer sich an einem Ort aufhält, der infolge außerordentlicher Umstände so abgesperrt ist, dass die Errichtung eines Testaments vor einem Notar nicht möglich oder erheblich erschwert ist, kann das Testament z. B. durch mündliche Erklärung vor drei Zeugen errichten. Die drei Zeugen haben dabei eine Anwesenheits- und Mitwirkungspflicht für die mündliche Erklärung des letzten Willens, dessen Aufnahme und Verlesung und deren Genehmigung durch den Erblasser. Sie müssen also während der gesamten Testamentserrichtung anwesend sein, es muss hierüber eine Niederschrift aufgenommen werden und die Zeugen müssen diese unterschreiben.

In dem vom Oberlandesgericht Düsseldorf am 6.1.2022 entschiedenen Fall war ein Nottestament nicht wirksam, denn die das Testament mitunterzeichnenden Zeugen waren nicht gleichzeitig anwesend. Ferner hatten sie die Niederschrift nacheinander und jeweils einzeln dem Erblasser vorgelesen und den Text unterschrieben.
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