Aktuelles

Arbeitgeber trägt das Betriebsrisiko für Mitarbeiter auch in der Pandemie

Arbeitsrecht

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf (LAG) hatte sich in seiner Entscheidung vom 30.3.2021 mit einem Fall aus der Praxis zu befassen, in dem eine Mitarbeiterin wegen Corona-Pandemie-bedingter Betriebsschließung keinen Lohn vom Arbeitgeber erhielt. Dieser war der Auffassung, dass der Lohnausfall zum allgemeinen Lebensrisiko der Arbeitnehmerin gehört, weil ihr aufgrund der behördlich angeordneten bzw. veranlassten Betriebsschließung die Annahme der Arbeitskraft nicht möglich war.

Das sah das LAG anders und sprach der Arbeitnehmerin die Vergütung für die ausgefallenen 62 Arbeitsstunden in Höhe von ca. 660 € brutto – bestehend aus Grundvergütung, Nacht- und Sonntagszuschlägen für die geplanten Schichten – zu. Nach Auffassung des LAG befand er sich im Verzug mit der Annahme der Arbeitsleistung. Nach den Regelungen im BGB trägt der Arbeitgeber das Betriebsrisiko. Dies sind Ursachen, die von außen auf den Betrieb einwirken und die Fortführung desselben verhindern. Die bisherige Rechtsprechung erfasst auch Fälle höherer Gewalt, wie z. B. Naturkatastrophen, Erdbeben, Überschwemmungen oder extreme Witterungsverhältnisse.

Um ein solches Ereignis handelt es sich bei der aktuellen Pandemie. Auch eine durch diese Pandemie begründete Betriebsschließung rechnet zum Betriebsrisiko. Ein Fall, in dem die Arbeitnehmerin ihre Arbeitskraft überhaupt nicht mehr verwerten konnte, was ggf. zu deren allgemeinen Lebensrisiko gehört, war nicht gegeben.

Bitte beachten Sie! Diese Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Das LAG hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen, das u. U. in letzter Instanz darüber entscheiden wird.
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Keine Weiterbeschäftigung wegen Hygieneverstoß einer Pflegefachkraft

Arbeitsrecht

Bei einem Ausbruch von Covid-19 in einer Seniorenresidenz kam es im Dezember 2020 zu 20 Infektionen bei Bewohnern (7 verstarben) und 10 Infektionen bei Mitarbeitern. Das Gesundheitsamt stellte bei mehrfachen Begehungen fest, dass die als Einrichtungsleiterin und Pflegefachkraft tätige Mitarbeiterin trotz anders lautender Anordnungen wiederholt nicht in Dienstkleidung angetroffen worden war. Zudem hatte diese, nachdem eine sofort vollziehbare Anordnung zur strikten Trennung der Wohnbereiche in solche für Covid-19-erkrankte und solche für nicht daran erkrankte Bewohner erlassen und die strikte Zuordnung des Pflegepersonals zu jeweils einem Bereich angeordnet war, mehrfach während ihrer Schicht zwischen den beiden Bereichen gewechselt. Der Kreis untersagte der Einrichtung daraufhin mit sofortiger Wirkung die weitere Beschäftigung der Mitarbeiterin. Dem dagegen gerichteten Eilantrag der Antragstellerin gab das Verwaltungsgericht statt.

Die Richter des Oberverwaltungsgerichts kamen jedoch zu der Entscheidung, dass das Beschäftigungsverbot sich voraussichtlich als rechtmäßig erweist, weil diese die Vorbildfunktion als Leiterin der Einrichtung, der eine besondere Bedeutung zukomme, nicht wahrgenommen hatte. Sie hatte ihre eigenen Regeln über die Anordnungen des Gesundheitsamtes gesetzt.
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Kurzarbeit Null kürzt den Urlaub

Arbeitsrecht

Die Richter des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf kamen in ihrem Urteil vom 12.3.2021 zu der Entscheidung, dass einem Arbeitnehmer für Zeiträume, in denen er aufgrund von Kurzarbeit gar nicht gearbeitet hat, die Urlaubsansprüche entsprechend gekürzt werden können. Für jeden vollen Monat der Kurzarbeit Null kann der Urlaub um 1/12 gekürzt werden.

Im Hinblick darauf, dass der Erholungsurlaub bezweckt, sich zu erholen, setzt dies eine Verpflichtung zur Tätigkeit voraus. Da während der Kurzarbeit die beiderseitigen Leistungspflichten aufgehoben sind, werden Kurzarbeiter wie vorübergehend teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer behandelt, deren Urlaub ebenfalls anteilig zu kürzen ist.
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Musterfeststellungsklage zur Ankündigung einer Modernisierungsmaßnahme

Mietrecht

Der Bundesgerichtshof hat am 18.3.2021 in einem Musterfeststellungsverfahren entschieden, dass ein Vermieter aufgrund der im Dezember 2018 für die Zeit ab Dezember 2019 angekündigten Modernisierungsmaßnahmen in seiner großen Wohnanlage eine Mieterhöhung nach den bis Ende 2018 geltenden Vorschriften berechnen kann. Eines engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen der Modernisierungsankündigung und dem voraussichtlichen Beginn der Arbeiten bedarf es nicht.

Im entschiedenen Fall kündigte der Vermieter Ende Dezember 2018 den Mietern Modernisierungsmaßnahmen an, die im Zeitraum von Dezember 2019 bis Juni 2023 durchgeführt werden sollten (Anbringung einer Wärmedämmung, Austausch der Fenster, Anbringung von Rollläden etc.). Der Mieter hält die Ankündigung wegen eines fehlenden engen zeitlichen Zusammenhangs zur Durchführung der geplanten Maßnahmen für unwirksam, zumindest wäre eine Mieterhöhung nach Abschluss der Modernisierungsmaßnahmen nur nach dem seit 1.1.2019 geltenden Recht möglich.

Hintergrund des Verfahrens ist die Änderung der gesetzlichen Vorschriften über die Mieterhöhung nach einer Modernisierung. Während die bis zum 31.12.2018 geltende gesetzliche Regelung die Erhöhung der jährlichen Miete um 11 % der für die Modernisierung aufgewendeten Kosten zuließ, erlaubt das neue Recht lediglich eine Mieterhöhung von höchstens 8 % und sieht zudem eine Kappungsgrenze vor.
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Uneinigkeit der Eltern über Schutzimpfungen

Familienrecht

Die Entscheidung über die Durchführung von Schutzimpfungen für ein gemeinsames Kind kann bei Uneinigkeit der Eltern auf den Elternteil übertragen werden, der seine Haltung an den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) orientiert. Über die allgemeine Impffähigkeit des Kindes muss unabhängig von einer konkreten Impfung kein Sachverständigengutachten eingeholt werden, da nach den Empfehlungen der STIKO die Impffähigkeit in der konkreten Impfsituation ärztlich zu prüfen ist und bei einer Kontraindikation zu unterbleiben hat. Zu dieser Entscheidung kam das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. in seinem Beschluss vom 8.3.2021 und wies die Beschwerde eines Vaters zurück.
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Kein Herausgabeanspruch von Brautgabe und Brautschmuck nach der Scheidung

Familienrecht

Das OLG Hamm hatte sich in einem Beschwerdeverfahren mit der Frage zu befassen, wie im Fall der Scheidung einer Ehe eine Brautgabe und Brautschmuck rechtlich zu behandeln sind.

Im November 2015 heirateten eine türkische Staatsangehörige und ein deutscher Staatsangehöriger. Beide sind in Deutschland geboren und aufgewachsen. Im April 2016 schlossen sie die religiöse Ehe. In der Heiratsurkunde zu dieser religiösen Eheschließung ist der Frau seitens ihres Ehemanns eine Brautgabe von 7.000 € versprochen worden. Zur Hochzeit bekam sie von Gästen wertvolle Goldgeschenke umgehängt. Im Februar 2017 trennten sie sich und im Mai 2019 war die Scheidung. Die Frau beanspruchte die Zahlung der versprochenen Brautgabe von 7.000 € und die Herausgabe des anlässlich der Hochzeitsfeier geschenkten Goldes.

Das islamische Recht ordnet eine Brautgabe als zwingende Zuwendung des Bräutigams an die Braut an. Solange die Brautgabe noch nicht ausgezahlt – und damit vollzogen – worden ist, bedarf die getroffene Vereinbarung über die Brautgabe zu ihrer Wirksamkeit – wie bei einer Schenkung – der notariellen Beurkundung. Hat die Frau die Brautgabe noch nicht erhalten und wurde das Brautgabeversprechen nicht notariell beurkundet, kann die Zahlung der Brautgabe nicht verlangt werden. Werden der Braut bei der Hochzeit von den Gästen Gold und Schmuckstücke "umgehängt", hat sie daran das Eigentum erworben und einen Anspruch darauf.
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