Neuregelungen der EU-Entsenderichtlinie
Arbeitsrecht
Arbeitnehmer, die nach Deutschland entsendet werden, verdienen häufig
weniger als ihre einheimischen Kollegen. Mit dem Inkrafttreten der Neuregelungen
im EU-Entsendegesetz soll sich das ändern.
Das Gesetz zur Umsetzung der geänderten EU-Entsenderichtlinie soll dafür
sorgen, dass es den gleichen Lohn für die gleiche Arbeit am gleichen Ort
gibt und dass ausländische Arbeitnehmer künftig stärker als bislang
von den in Deutschland geltenden Arbeitsbedingungen profitieren. Hier die Neuregelungen
im Überblick:
- Entsandte Arbeitnehmer haben nicht mehr nur Anspruch auf den Mindestlohn,
sondern auch auf den Tariflohn aus allgemeinverbindlichen Tarifverträgen.
- Arbeitnehmer aus dem Ausland erhalten künftig Weihnachts- und Urlaubsgeld
sowie Schmutz- und Gefahrenzulagen, sofern diese allgemein gezahlt werden.
- Zahlt der Arbeitgeber seinen Beschäftigten eine Zulage für Reise-,
Unterbringungs- und Verpflegungskosten, darf dieser Betrag nicht auf den Mindestlohn
angerechnet werden.
- Der Arbeitgeber zahlt die Reisekosten, wenn er entsandte Arbeitnehmer im
Inland dienstlich auf Reisen schickt.
- Künftig gelten für Beschäftigte aus dem Ausland nach zwölf
Monaten grundsätzlich alle in Deutschland vorgeschriebenen Arbeitsbedingungen.
Eine Fristverlängerung um sechs Monate kann jedoch in begründeten
Ausnahmefällen beantragt werden.
- Der Straßenverkehrssektor ist von den Änderungen ausgenommen,
sodass die geplanten Regelungen nicht für Fernfahrer gelten.
Anmerkung: Die Neuregelung ist am 30.7.2020 in Kraft getreten.
zum Artikel
Absichtliche Angabe falscher Überstundenzahl rechtfertigt fristlose Kündigung
Arbeitsrecht
Dem Bundesarbeitsgericht lag zur Aufzeichnung und Angabe von Überstunden
folgender Sachverhalt zur Entscheidung vor: In einem Arbeitsvertrag war eine
wöchentliche Arbeitszeit von 44,5 Std. vereinbart. Geleistete Überstunden
wurden vom Arbeitnehmer notiert und vom Arbeitgeber entsprechend vergütet.
Ferner erhielt der Arbeitnehmer bis zur Ernennung zum Abteilungsleiter Erschwerniszuschläge.
Durch deren Wegfall fühlte er sich ungerecht behandelt und glich in den
Folgejahren die fehlenden Zuschläge mit dem Einreichen nicht geleisteter
Überstunden aus. Der Arbeitgeber bezahlte diese auch im guten Glauben.
Eine Jahresabschlussprüfung deckte die ungerechtfertigten Zahlungen aufgrund
nicht geleisteter Überstunden jedoch auf. Darauf kündigte der Arbeitgeber
das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos.
Nach Auffassung des BAG muss der Arbeitgeber einer korrekten Dokumentation
der Arbeitszeit seiner Arbeitnehmer vertrauen können. Überträgt
er den Nachweis der geleisteten Arbeitszeit den Arbeitnehmern selbst und füllen
diese die dafür zur Verfügung gestellten Formulare wissentlich und
vorsätzlich falsch aus, so stellt dies in aller Regel einen schweren Vertrauensmissbrauch
dar.
Dies gilt für den vorsätzlichen Missbrauch einer Stempeluhr ebenso
wie für das wissentliche und vorsätzlich falsche Ausstellen entsprechender
Formulare. Dabei kommt es nicht entscheidend auf die strafrechtliche Würdigung
an, sondern auf den mit der Pflichtverletzung verbundenen schweren Vertrauensbruch.
Damit war die fristlose Kündigung gerechtfertigt.
zum Artikel
Umkleidezeiten als vergütungspflichtige Arbeitszeit
Arbeitsrecht
Grundsätzlich sind Umkleidezeiten als Arbeitszeit zu bewerten und somit
vergütungspflichtig. Diese Vergütungspflicht kann jedoch durch Tarifvertrag
ausgeschlossen werden.
In einem vom Bundesarbeitsgericht (BAG) entschiedenen Fall beinhaltete ein
Tarifvertrag u. a. folgende Regelung: "Ist infolge besonders starker Verschmutzung
oder aus gesundheitlichen Gründen eine sorgfältige Reinigung erforderlich,
so wird täglich eine bezahlte Waschzeit gewährt. Welche Gruppen der
Arbeitnehmer darauf Anspruch haben, wie die Dauer der Waschzeit zu bemessen
ist und in welche Zeit sie zu legen ist, wird durch Betriebsvereinbarung geregelt."
Eine Betriebsvereinbarung, die den o. g. Ausgleich für die Umkleidezeiten
usw. regelt, gab es nicht.
Die Richter des BAG kamen in diesem Fall zu der Entscheidung, dass die betroffenen
Mitarbeiter keinen Anspruch auf Vergütung der Umkleidezeiten hatten.
zum Artikel
Gesetzlicher Unfallversicherungsschutz beim „Home-Office“
Arbeitsrecht
Eine Beschäftigung im "Home-Office" liegt vor, wenn die in der
Wohnung des Arbeitnehmers gelegenen Arbeitsräume aufgrund arbeitsvertraglicher
(Individual-)Vereinbarungen dauerhaft eingerichtet sind und er dort im Rahmen
seiner Arbeit regelmäßig tätig ist. Beschäftigte sind zuhause
gesetzlich unfallversichert, wenn sie in Ausübung ihrer versicherten Tätigkeit
Betriebswege zurücklegen, um ihre häusliche Arbeitsstätte ("Home-Office")
zu erreichen. Dazu wurden zwei unterschiedliche Urteile gefällt, die nachfolgend
aufgezeigt werden sollen:
- In einem vom Bundessozialgericht (BSG) entschiedenen Fall befanden sich
die Räumlichkeiten im Keller des Wohnhauses. Der Arbeitnehmer hatte im
Auftrag seines Arbeitgebers eine Messe besucht, war zurückgekehrt um einen
Kunden anzurufen und stürzte beim Aufsuchen der "Home-Office-Räumlichkeiten"
auf der Kellertreppe und verletzte sich. Die Richter des BSG kamen hier zu der
Auffassung, dass es sich um einen versicherten Unfall handelt, da sich dieser
auf dem versicherten Weg zur Arbeit ereignete. Die Grenze "Außentür
des Gebäudes", wo normalerweise der Arbeitsweg endet, greift nicht,
soweit sich Arbeitsstätte und Wohnung des Versicherten in einem Haus befinden.
- Gesetzlich unfallversichert sind Eltern, die ihre Kinder auf dem Weg
zur Arbeit in den Kindergarten bringen. Arbeitet der Arbeitnehmer jedoch im
Home-Office, fällt der Weg zum Kindergarten bzw. zurück zum Home-Office
nicht in den gesetzlichen Unfallversicherungsschutz. Nach einem Urteil des LSG
Niedersachsen-Bremen vom 26.9.2018 kann eine gesetzliche Krankenkasse vom Träger
der Unfallversicherung nicht die Erstattung der Behandlungskosten verlangen,
die ihr durch den Sturz ihrer Versicherten auf dem Rückweg vom Kindergarten,
in den sie ihr Kind gebracht hat, zurück zum Home-Office entstanden sind.
zum Artikel
Urlaubsgewährung, Betriebsferien, Urlaub während Kurzarbeit
Arbeitsrecht
Grundsätzlich obliegt es dem Arbeitnehmer seinen Urlaub nach seinen Wünschen
zu planen. Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche
des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, dass ihrer Berücksichtigung
dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer,
die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen.
Solche Belange können beispielsweise in der betrieblichen Organisation,
im technischen Ablauf oder auch in der Auftragslage liegen, sodass der Arbeitgeber
berechtigt ist Betriebsferien anzuordnen. Dabei darf das Betriebsrisiko jedoch
nicht auf den Arbeitnehmer abgewälzt werden. Ein kurzfristiger Auftragsmangel
stellt z. B. keinen Grund für die Anordnung von Betriebsferien dar. Ferner
gilt zu beachten, dass nur ein Teils des Urlaubs durch Betriebsferien fremdverplant
werden darf. Das Bundesarbeitsgericht hat eine Aufteilung des Urlaubsanspruchs
von 3/5 (Betriebsferien) und 2/5 (individuelle Planung durch den Arbeitnehmer)
als angemessen beurteilt.
Aufgrund der Coronavirus-Pandemie arbeiten viele Arbeitnehmer zzt. in Kurzarbeit.
Bei Urlaubsnahme während dieser Zeit wird der Urlaub mit dem üblichen
Gehalt vergütet. Die Bundesagentur für Arbeit sieht bis zum 31.12.2020
davon ab, die Einbringung von Erholungsurlaub aus dem laufenden Urlaubsjahr
zur Vermeidung von Kurzarbeit einzufordern, sofern individuelle Urlaubswünsche/-planungen
der Arbeitnehmer bestehen.
Die individuellen Urlaubswünsche sind in der aktuellen Situation besonders
zu schützen, damit es Eltern z. B. möglich bleibt, Urlaubstage für
die Betreuung ihrer Kinder zu nutzen. Resturlaub hingegen soll wie gehabt zur
Vermeidung von Arbeitsausfällen eingesetzt werden. Das heißt Arbeitgeber
sollen mit Beschäftigten, die noch "alte", bisher unverplante
Urlaubansprüche haben, den Antritt dieses Urlaubs in Zeiten mit Arbeitsausfall
im Betrieb vereinbaren. Aber auch hier gehen die Urlaubswünsche der Arbeitnehmer
vor.
zum Artikel
Höhere Mindestlöhne für Beschäftigte in der Altenpflege
Arbeitsrecht
Die Pflegekommission hat sich auf höhere Mindestlöhne für Beschäftigte
in der Alten- und ambulanten Krankenpflege geeinigt. Danach steigen die Mindestlöhne
bis 1.4.2022 in vier Schritten:
|
Pflegehilfskräfte
|
qualifizierte
Pflegehilfskräfte
(mind. 1-jährige Ausbildung)
|
Pflegefachkräfte
|
ab
|
alte BL
|
neue BL
|
alte BL
|
neue BL
|
alte BL
|
neue BL
|
1.5.2020
|
11,35 €
|
10,85 €
|
|
|
|
|
1.7.2020
|
11,60 €
|
11,20 €
|
|
|
|
|
1.4.2021
|
11,80 €
|
11,50 €
|
12,50 €
|
12,20 €
|
|
|
1.7.2021
|
|
|
|
|
15,00 €
|
15,00 €
|
1.9.2021
|
12,00 €
|
12,00 €
|
12,50 €
|
12,50 €
|
|
|
1.4.2022
|
12,55 €
|
12,55 €
|
13,20 €
|
13,20 €
|
15,40 €
|
15,40 €
|
Zusätzlich zum gesetzlichen Urlaubsanspruch wird es für alle Beschäftigte
in der Pflege weitere bezahlte Urlaubstage geben: bei Beschäftigten mit
einer Fünf-Tage-Woche für das Jahr 2020 fünf Tage (für 2021
und 2022 jeweils sechs zusätzliche Tage)
zum Artikel