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Fremdgeschäftsführer in GmbH der Ehefrau ist sozialversicherungspflichtig

Sozialrecht

Der Geschäftsführer einer GmbH kann seine Tätigkeit nur dann selbstständig ausüben, wenn er am Gesellschaftskapital beteiligt ist (sog. Gesellschafter-Geschäftsführer), während bei einem Fremdgeschäftsführer eine selbstständige Tätigkeit grundsätzlich ausscheidet.

Selbst ein Gesellschafter-Geschäftsführer ist aber nicht per se kraft seiner Kapitalbeteiligung selbstständig tätig, sondern muss, um nicht als abhängig beschäftigt angesehen zu werden, über seine Gesellschafterstellung hinaus die Rechtsmacht besitzen, durch Einflussnahme auf die Gesellschafterversammlung die Geschicke der Gesellschaft bestimmen zu können.

Eine solche Rechtsmacht ist bei einem Gesellschafter gegeben, der mindestens 50 v.H. der Anteile am Stammkapital hält oder bei einer geringeren Kapitalbeteiligung nach dem Gesellschaftsvertrag über eine umfassende („echte“ oder „qualifizierte“), die gesamte Unternehmenstätigkeit erfassende Sperrminorität verfügt.

Hiervon kann auch im Falle besonderer Rücksichtnahme aufgrund familiärer Bindungen nicht abgesehen werden, selbst wenn der Betroffene faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Gesellschaft nach eigenem Gutdünken führt, ohne dass ihn der oder die Gesellschafter daran hinderte, er also gleichsam „Kopf und Seele“ der Gesellschaft ist.

Die Richter des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (LSG) entschieden daher, dass der Geschäftsführer der GmbH, deren alleinige Gesellschafterin seine Ehefrau war, sozialversicherungspflichtig war. Diese Entscheidung basierte auf den Regelungen in der Satzung und im Anstellungsvertrag. In dem Fall konnte der Geschäftsführer jedoch durch seine Rolle als Vermieter der Geschäftsräume und wesentlicher Betriebsmittel sowie als Darlehensgeber von über 110.000 € wirtschaftlichen Druck auf seine Frau ausüben. Nach Auffassung der LSG-Richter führten aber die möglichen wirtschaftlichen Folgen einer Kündigung nicht zu umfassenden Einflussmöglichkeiten, die der Stellung eines beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers entsprochen hätten.
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Sozialversicherungspflicht – Vertrag mit Ein-Personen-Kapitalgesellschaft

Sozialrecht

Das Bundessozialgericht (BSG) hatte in drei Verfahren, in denen die natürlichen Personen alleinige Gesellschafter und Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften (Unternehmergesellschaft <UG> und Gesellschaft mit beschränkter Haftung <GmbH>) waren. Mit diesen Kapitalgesellschaften schlossen Dritte Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen. In zwei Verfahren ging es um Pflegedienstleistungen im stationären Bereich eines Krankenhauses, im dritten Fall um eine beratende Tätigkeit. Tatsächlich erbracht wurden die Tätigkeiten ausschließlich von den natürlichen Personen. Die Deutsche Rentenversicherung Bund stellte in allen Fällen Versicherungspflicht aufgrund von Beschäftigung fest.

In allen drei Verfahren stellte das BSG klar, dass eine natürliche Person sozialversicherungspflichtig beschäftigt sein kann, auch wenn die Verträge ausschließlich zwischen dem Auftraggeber und einer Kapitalgesellschaft bestehen, in der diese Person alleiniger Geschäftsführer und Gesellschafter ist. Entscheidend ist, ob die Tätigkeit dieser Person insgesamt als abhängige Beschäftigung eingestuft wird. Das Vorliegen eines solchen Arbeitsverhältnisses hängt daher nicht allein von der vertraglichen Gestaltung ab, sondern davon, wie die Arbeit tatsächlich ausgeübt wird.
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Versicherter Arbeitsweg und unversicherter Abweg

Sozialrecht

Die gesetzliche Unfallversicherung bietet u.a. Versicherungsschutz bei Unfällen auf dem Weg von und zur Arbeit (sog. Wegeunfälle). Auch ein Abweichen von dem direkten Arbeitsweg kann unter bestimmten Voraussetzungen gesetzlich unfallversichert sein. Dabei muss aber ein ausreichender Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit bestehen bleiben. Eine solche Ausnahme kommt gesetzlich etwa für einen vom Arbeitsweg abweichenden Weg in Betracht, um ein Kind wegen der beruflichen Tätigkeit der Betreuung Dritter anzuvertrauen.

Bewegt sich der Versicherte nicht auf einem direkten Weg in Richtung seines Ziels, sondern in entgegengesetzter Richtung von diesem fort, handelt es sich eben nicht um einen bloßen Umweg, sondern um einen Abweg. Wird der direkte Weg mehr als geringfügig unterbrochen und ein solcher Abweg allein aus eigenwirtschaftlichen, also nicht betrieblichen Gründen zurückgelegt, besteht kein Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung.

Das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) hatte über nachfolgenden Sachverhalt zu entscheiden: Eine Arbeitnehmerin begleitete ihre Tochter im Grundschulalter zu einem Sammelpunkt auf dem Schulweg. Dieser lag, von der Wohnung aus gesehen, in entgegengesetzter Richtung zur Arbeitsstätte. Auf dem Weg vom Sammelpunkt zu ihrer Arbeit, aber noch vor Erreichen des Wegstücks von ihrer Wohnung zur Arbeit, wurde die Arbeitnehmerin von einem PKW erfasst. Die LSG-Richter verneinten das Vorliegen eines Arbeitsunfalls, da sich der Unfall auf einem unversicherten Abweg ereignete. Die Mutter begleitete ihre Tochter nicht – wie für den gesetzlichen Unfallversicherungsschutz insoweit erforderlich – zum Sammelpunkt, um ihrer Beschäftigung nachzugehen, sondern allein und ausschließlich aus allgemeinen Sicherheitserwägungen zum Schutz der Tochter.
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Sozialversicherungsstatus eines Fahrradkuriers

Sozialrecht

Das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) hatte zu entscheiden, ob es sich bei der Tätigkeit als Fahrradkurier um eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung handelt. So ist es nach Auffassung des LSG nicht wichtig, welche Art von Verträgen normalerweise in dieser Branche verwendet werden oder was als „übliche Praxis“ angesehen wird. Auch die Vorstellung davon, wie typischerweise der Beruf eines Kuriers aussieht, oder die Tatsache, dass diese Arbeit oft nur kurzzeitig, nebenher oder von Studenten ausgeführt wird, sind nicht entscheidend. Für die Beurteilung der Selbstständigkeit ist vielmehr ausschlaggebend, wie die Arbeit tatsächlich ausgeführt wird und in welchem Verhältnis der Kurier zum Auftraggeber steht. Dabei unterscheidet man, ob er eigenständig agiert oder Weisungen des Auftraggebers folgt. Die Tätigkeit eines Kurierfahrers ist demnach sowohl in abhängiger Beschäftigung als auch als selbstständige Arbeit möglich.

Die LSG-Richter kamen zu der Entscheidung, dass in dem vorliegenden Fall die Fahrradkuriere abhängig beschäftigt waren. Maßgebliches Indiz für eine abhängige Beschäftigung war die Eingliederung in den Betrieb in zentralen Punkten. Dies stellt ein eigenständig zu betrachtendes Indiz neben einer Weisungsgebundenheit der Tätigkeit dar. Eine abhängige Beschäftigung war bei den mit den Botenfahrten betrauten Kurieren daher nicht schon dadurch ausgeschlossen, dass diese bei ihren Einsätzen in Bezug auf den organisatorischen und zeitlichen Ablauf der jeweiligen Tour und die Routenführung keinem arbeitgebertypischen Weisungsrecht unterlagen.
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Sog. „Pool-Arzt“ nicht automatisch selbstständig

Sozialrecht

Allein die Teilnahme am vertragszahnärztlichen Notdienst zwingt nicht automatisch zur Annahme einer selbstständigen Tätigkeit. Vielmehr ist auch dann eine Gesamtabwägung der konkreten Umstände vorzunehmen. In dem entschiedenen Fall übernahm ein Zahnarzt in den Jahren nach seinem Praxisverkauf überwiegend am Wochenende immer wieder Notdienste, die von der Kassenzahnärztlichen Vereinigung organisiert wurden. Sie betrieb ein Notdienstzentrum, in dem sie personelle und sächliche Mittel zur Verfügung stellte. Der Zahnarzt erhielt ein festes Stundenhonorar.

Die Richter des Bundessozialgerichts (BSG) hatten zu entscheiden, ob hier eine selbstständige Tätigkeit vorlag oder der Arzt sozialversicherungspflichtig beschäftigt war. Nach Auffassung des BSG war der Zahnarzt in die von der Kassenzahnärztlichen Vereinigung organisierten Abläufe eingebunden und hatte auf diese keinen entscheidenden, erst recht keinen unternehmerischen Einfluss. Er fand eine von dritter Seite organisierte Struktur vor, in der er sich fremdbestimmt einfügte. Dass er bei der konkreten medizinischen Behandlung als Zahnarzt frei und eigenverantwortlich handeln konnte, fiel nicht entscheidend ins Gewicht. Infolgedessen unterlag der Zahnarzt bei der vorliegenden Notdiensttätigkeit der Versicherungspflicht.
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Sozialversicherung bei Selbstständigkeit und gleichzeitiger Beschäftigung

Sozialrecht

Nach dem SGB V tritt keine Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung ein, wenn hauptberuflich eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgeübt wird. Eine hauptberufliche Tätigkeit liegt vor, wenn diese Tätigkeit von ihrer wirtschaftlichen Bedeutung und ihrem zeitlichen Aufwand her die übrigen Erwerbstätigkeiten zusammen deutlich übersteigt und den Mittelpunkt der Erwerbstätigkeit darstellt.

Im entschiedenen Fall betrug in dem maßgeblichen Zeitraum das Arbeitseinkommen aus selbstständiger Tätigkeit ca. 2.210 € und das Arbeitsentgelt aus der abhängigen Beschäftigung ca. 1.620 €. Dass zur Erzielung dieser Einkünfte mehr Zeit für die abhängige Beschäftigung aufgewendet wurde (33 Std./Woche) als für die selbstständige Tätigkeit (20 Std./Woche), trat dabei in den Hintergrund. Weiterhin kam noch hinzu, dass der Selbstständige im maßgeblichen Zeitraum ohne großen Unterschied zur Zeit davor oder danach weiter ununterbrochen werbend am Markt aufgetreten war und Umsätze in erheblicher Höhe generierte.
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