Das Nichttragen eines Fahrradhelms kann grundsätzlich ein Mitverschulden begründen – allerdings nur, wenn zum Unfallzeitpunkt nach allgemeiner Verkehrsauffassung das Tragen eines Helms zum eigenen Schutz als erforderlich angesehen wurde.
Ob eine solche allgemeine Überzeugung vorliegt, lässt sich u. a. anhand von Umfragen oder statistischen Erhebungen beurteilen. Für das Jahr 2022 war dies nicht der Fall. Nach einer repräsentativen Verkehrsbeobachtung der Bundesanstalt für Straßenwesen trugen innerorts lediglich 34?% der Fahrer herkömmlicher Fahrräder aller Altersgruppen einen Helm. Ein Mitverschulden wegen fehlender Helmnutzung war daher in einem vom Kammergericht Berlin entschiedenen Fall nicht anzunehmen.
Achtung: Im Fall von Pedelecs und E-Bikes könnte ein Gericht bereits heute zu einer anderen Einschätzung gelangen. Denn mittlerweile nutzt die Mehrheit der Fahrer dieser Fahrzeugtypen einen Helm.
Aktuelles
Unfall – Mitverschulden bei überhöhter Geschwindigkeit
Verkehrsrecht
Eine schuldhafte Mitverursachung eines Unfalls liegt vor, wenn der Fahrer die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten hat und der Unfall bei Einhaltung der erlaubten Geschwindigkeit entweder hätte vermieden werden können oder zumindest deutlich glimpflicher verlaufen wäre – etwa mit weniger schweren Folgen oder geringerer Kollision.
In einem Fall aus der Praxis war ein Motorradfahrer nachts auf regennasser Landstraße mindestens 85?km/h schnell unterwegs, obwohl lediglich 50?km/h erlaubt waren. Er kollidierte mit einem Pkw, der gerade links zur Tankstelle abbog. Der Pkw-Fahrer trug Mitschuld, da er seine Wartepflicht beim Linksabbiegen verletzte. Es ergab sich nun die Frage, ob die überhöhte Geschwindigkeit des Motorradfahrers mitursächlich für den Unfall war.
Das Oberlandesgericht Saarbrücken (OLG) stellte fest, dass der Motorradfahrer den Unfall durch den Geschwindigkeitsverstoß schuldhaft mitverursachte – selbst wenn der Pkw-Fahrer gegen seine Wartepflicht verstoßen hatte. Ein Sachverständiger führte aus, dass bei zulässiger Geschwindigkeit die Aufprallgeschwindigkeit nur etwa 20–25?% der tatsächlichen Kollision betragen hätte. Der Verstoß habe daher auch eine spürbare Auswirkung auf den Unfallverlauf gehabt. Das Mitverschulden des Motorradfahrers beurteilten die OLG-Richter mit 40 %.
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In einem Fall aus der Praxis war ein Motorradfahrer nachts auf regennasser Landstraße mindestens 85?km/h schnell unterwegs, obwohl lediglich 50?km/h erlaubt waren. Er kollidierte mit einem Pkw, der gerade links zur Tankstelle abbog. Der Pkw-Fahrer trug Mitschuld, da er seine Wartepflicht beim Linksabbiegen verletzte. Es ergab sich nun die Frage, ob die überhöhte Geschwindigkeit des Motorradfahrers mitursächlich für den Unfall war.
Das Oberlandesgericht Saarbrücken (OLG) stellte fest, dass der Motorradfahrer den Unfall durch den Geschwindigkeitsverstoß schuldhaft mitverursachte – selbst wenn der Pkw-Fahrer gegen seine Wartepflicht verstoßen hatte. Ein Sachverständiger führte aus, dass bei zulässiger Geschwindigkeit die Aufprallgeschwindigkeit nur etwa 20–25?% der tatsächlichen Kollision betragen hätte. Der Verstoß habe daher auch eine spürbare Auswirkung auf den Unfallverlauf gehabt. Das Mitverschulden des Motorradfahrers beurteilten die OLG-Richter mit 40 %.
Fahrverbot wegen Tempoverstoß – Ausrede mit angeblich unklarer Beschilderung scheitert
Verkehrsrecht
In einem vom Oberlandesgericht Frankfurt a. M. (OLG) entschiedenen Fall hatte ein Autofahrer Rechtsbeschwerde gegen einen Bußgeldbescheid und ein verhängtes Fahrverbot eingelegt. Der Fahrer war wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 86 km/h zu einer Geldbuße von 900 € verurteilt worden, verbunden mit einem dreimonatigen Fahrverbot. Er befuhr die A 7 mit 146 km/h. Im Bereich einer LKW-Kontrolle war aus Sicherheitsgründen die Höchstgeschwindigkeit auf 60 km/h reduziert und ein Überholverbot für LKW und Busse angeordnet worden. Der Autofahrer berief sich bei der Beschwerde auf eine „völlig verwirrende Beschilderung“.
Das OLG stellte klar, dass die Beschilderung mit einer Geschwindigkeitsreduzierung auf 60 km/h und einem Überholverbot für LKWs und Busse nicht „verwirrend“ ist. Wer Verkehrsschilder nicht versteht oder verstehen will, handelt vorsätzlich, da er sich bewusst und gewollt gegen die Rechtsordnung stellt. Die Rechtsbeschwerde wurde verworfen.
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Das OLG stellte klar, dass die Beschilderung mit einer Geschwindigkeitsreduzierung auf 60 km/h und einem Überholverbot für LKWs und Busse nicht „verwirrend“ ist. Wer Verkehrsschilder nicht versteht oder verstehen will, handelt vorsätzlich, da er sich bewusst und gewollt gegen die Rechtsordnung stellt. Die Rechtsbeschwerde wurde verworfen.
Erstattung von Mietwagenkosten auch bei abgelaufenem TÜV des kaputten Fahrzeugs
Verkehrsrecht
In einem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Sachverhalt führte ein Verkehrsunfall am 5.11.2018 bei einem Pkw zu einem Totalschaden. Die volle Haftung des Unfallverursachers war unstrittig. Zum Zeitpunkt des Unfalls war für das Fahrzeug der Termin zur Haupt- und Abgasuntersuchung um mehr als ein halbes Jahr überschritten; dieser hätte im März 2018 stattfinden müssen. Der Pkw-Besitzer mietete ein Ersatzfahrzeug und verlangte vom Unfallverursacher den Ersatz der Mietwagenkosten. Dieser und auch das Berufungsgericht waren jedoch der Auffassung, dass mangels Haupt- und Abgasuntersuchung keine Mietwagenkosten zu ersetzen sind.
Ein Anspruch auf Ersatz von Mietwagenkosten kann nicht allein wegen eines überschrittenen Vorführtermins zur Haupt- und Abgasuntersuchung bei dem unfallbeschädigten Pkw verneint werden. Die Nutzung eines verkehrssicheren Pkw mit ungültig gewordener Prüfplakette ist nur dann rechtswidrig, wenn eine Behörde den Betrieb des Fahrzeugs untersagt oder beschränkt hat. Dementsprechend konnte der Pkw-Besitzer den Ersatz der Mietwagenkosten verlangen.
Richtig ist zwar, dass mit der Hauptuntersuchung dafür gesorgt werden soll, dass Fahrzeuge während ihres Betriebs in einem sicheren und umweltfreundlichen Zustand gehalten werden. Da aber die Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung nicht bereits beim Überschreiten des Vorführtermins eines Pkw zur Hauptuntersuchung ein Nutzungsverbot vorsieht, liefe es der gesetzlichen Wertung zuwider, nun anzunehmen, der Sicherheitscharakter der Hauptuntersuchung stehe einer weiteren Nutzung des Fahrzeugs grundsätzlich entgegen.
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Ein Anspruch auf Ersatz von Mietwagenkosten kann nicht allein wegen eines überschrittenen Vorführtermins zur Haupt- und Abgasuntersuchung bei dem unfallbeschädigten Pkw verneint werden. Die Nutzung eines verkehrssicheren Pkw mit ungültig gewordener Prüfplakette ist nur dann rechtswidrig, wenn eine Behörde den Betrieb des Fahrzeugs untersagt oder beschränkt hat. Dementsprechend konnte der Pkw-Besitzer den Ersatz der Mietwagenkosten verlangen.
Richtig ist zwar, dass mit der Hauptuntersuchung dafür gesorgt werden soll, dass Fahrzeuge während ihres Betriebs in einem sicheren und umweltfreundlichen Zustand gehalten werden. Da aber die Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung nicht bereits beim Überschreiten des Vorführtermins eines Pkw zur Hauptuntersuchung ein Nutzungsverbot vorsieht, liefe es der gesetzlichen Wertung zuwider, nun anzunehmen, der Sicherheitscharakter der Hauptuntersuchung stehe einer weiteren Nutzung des Fahrzeugs grundsätzlich entgegen.
Handy am Steuer – Start-Stopp-Automatik schützt nicht vor Bußgeld
Verkehrsrecht
Wer ein Fahrzeug führt, darf sein Mobiltelefon nur benutzen, wenn es dabei weder aufgenommen noch gehalten wird – oder wenn der Motor vollständig ausgeschaltet ist.
In einem vom Kammergericht Berlin entschiedenen Fall stand ein Autofahrer an einer Ampel und bediente sein Handy. Das wurde bemerkt und er erhielt einen Bußgeldbescheid. Der Handynutzer gab jedoch an, dass der Motor aufgrund der eingebauten Start-Stopp-Automatik abgeschaltet war und er deshalb das Handy nutzen durfte.
Dieser Auffassung folgte das Gericht nicht. Die automatische Motorabschaltung durch Start-Stopp-Funktion gilt nicht als vollständiges Abschalten des Motors, sondern nur das händische Ausschalten.
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In einem vom Kammergericht Berlin entschiedenen Fall stand ein Autofahrer an einer Ampel und bediente sein Handy. Das wurde bemerkt und er erhielt einen Bußgeldbescheid. Der Handynutzer gab jedoch an, dass der Motor aufgrund der eingebauten Start-Stopp-Automatik abgeschaltet war und er deshalb das Handy nutzen durfte.
Dieser Auffassung folgte das Gericht nicht. Die automatische Motorabschaltung durch Start-Stopp-Funktion gilt nicht als vollständiges Abschalten des Motors, sondern nur das händische Ausschalten.
Fahrtenbuchauflage – zu späte Bekanntgabe des Fahrzeugführers gegenüber Bußgeldstelle
Verkehrsrecht
Entsprechend der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung kann die nach Landesrecht zuständige Behörde gegenüber einem Fahrzeughalter u.a. für ein oder mehrere auf ihn zugelassene Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuchs anordnen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war.
Die Richter des Bundesverwaltungsgerichts stellten in ihrem Beschluss v. 7.5.2024 klar, dass die Feststellung eines Fahrzeugführers im Sinne der o.g. Regelung unmöglich war, wenn der Fahrzeughalter sich zur Frage, wer das Fahrzeug geführt hat, so spät geäußert hat, dass die Behörde die erforderlichen Maßnahmen zur Ahndung der Zuwiderhandlung vor Eintritt der Verjährung nicht mehr in zumutbarer Weise ergreifen konnte.
In dem verhandelten Fall teilte der Halter den Fahrzeugführer erst einen Tag vor Ablauf der dreimonatigen Verfolgungsfrist der Bußgeldgeldstelle mit.
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Die Richter des Bundesverwaltungsgerichts stellten in ihrem Beschluss v. 7.5.2024 klar, dass die Feststellung eines Fahrzeugführers im Sinne der o.g. Regelung unmöglich war, wenn der Fahrzeughalter sich zur Frage, wer das Fahrzeug geführt hat, so spät geäußert hat, dass die Behörde die erforderlichen Maßnahmen zur Ahndung der Zuwiderhandlung vor Eintritt der Verjährung nicht mehr in zumutbarer Weise ergreifen konnte.
In dem verhandelten Fall teilte der Halter den Fahrzeugführer erst einen Tag vor Ablauf der dreimonatigen Verfolgungsfrist der Bußgeldgeldstelle mit.