Aktuelles

Gesetzlicher Unfallversicherungsschutz bei kurzer Unterbrechung des Arbeitswegs

Sozialrecht

Der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung erstreckt sich bei Arbeitnehmern nicht nur auf die berufliche Tätigkeit, sondern auch auf dem Weg zwischen Wohnung und Arbeitsplatz. Ausnahme: Der Weg wird aus privaten Gründen unterbrochen, z. B. um an einem Geldautomaten Bargeld zu holen.

In einem vom Bayerischen Landessozialgericht (LSG) am 10.2.2021 entschiedenen Fall stieg eine Arbeitnehmerin auf dem Firmenparkplatz aus ihrem Auto und machte sich auf den Weg zum Betrieb. Nach ca. 2 Metern kehrte sie wieder zum Wagen zurück, um sich zu vergewissern, ob sie das Auto abgeschlossen hatte. Auf dem Rückweg stolperte sie und verletzte sich. Sie war der Meinung es handelte sich um einen Arbeitsunfall und verlangte Leistungen von der gesetzlichen Unfallversicherung. Diese lehnte mit der Begründung ab, dass die Frau den direkten Weg zur Arbeitsstelle unterbrochen hatte und damit kein Versicherungsschutz bestand. Die Richter des LSG sahen in der Rückkehr zum Auto nur eine geringfügige Unterbrechung des Arbeitswegs, sodass hier ein versicherter Arbeitsunfall vorlag.
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Unfallschutz im Home-Office

Sozialrecht

Arbeitsunfälle sind die Unfälle, die versicherte Personen infolge der versicherten Tätigkeit erleiden. Dabei ist es unerheblich, ob die versicherte Tätigkeit im Unternehmen oder im Home-Office geleistet wird. Entscheidend ist, dass der Unfall im Zusammenhang mit der Arbeit stehen muss – was im Home-Office jedoch nicht immer ganz leicht abzugrenzen ist. Auch wann ein Unfall passiert, ist nicht ausschlaggebend. Ein Arbeitnehmer ist grundsätzlich in den Arbeitsräumen und auf betriebsbedingten Wegen versichert. Betriebsbedingte Wege sind z. B. der Weg
  • vom oder zum Drucker, Kopierer, Scanner, wenn dienstliche Unterlagen bearbeitet werden sollen und das Gerät in einem anderen Raum steht
  • zur oder von der Haustür, wenn ein Paket mit Arbeitsunterlagen geliefert wird
  • vom oder zum Betrieb, wenn der Arbeitnehmer Unterlagen aus dem Unternehmen benötigt oder abgeben muss.

Mit einer vom Bundesrat am 28.5.2021 beschlossenen Gesetzesänderung wurde der Unfallversicherungsschutz bei der Heimarbeit ausgeweitet. Er beschränkt sich künftig nicht mehr auf sog. Betriebswege, etwa zum Drucker in einem anderen Raum, sondern auch auf Wege im eigenen Haushalt zur Nahrungsaufnahme oder zum Toilettengang. Darüber hinaus wird er bei Home-Office-Tätigkeit auch auf Wege ausgedehnt, die die Beschäftigten zur Betreuung ihrer Kinder außer Haus zurücklegen.
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Krankengeld ausnahmsweise auch bei verspäteter Krankmeldung

Sozialrecht

Ein Versicherter, der wegen Arbeitsunfähigkeit (AU) Krankengeld erhält, muss spätestens am nächsten Werktag nach dem Ende der zuletzt festgestellten AU deren Fortdauer ärztlich bescheinigen lassen, damit er weiterhin krankengeldberechtigt ist. Wird er an diesem Tag aus organisatorischen Gründen von der Arztpraxis auf einen späteren Termin verwiesen, so kann die gesetzliche Krankenkasse die Zahlung von Krankengeld nicht mit dem Argument verweigern, die AU sei nicht lückenlos festgestellt worden. Dies entschied das Hessische Landessozialgericht in 2 Urteilen am 22.12.2020.
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Fahrradunfall einer ehrenamtlichen Pflegekraft gilt als Arbeitsunfall

Sozialrecht

Die Richter des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (LSG) hatten am 16.12.2020 über nachfolgenden Sachverhalt zu entscheiden: Eine Tochter pflegte ihre Eltern und war bei der Pflegekasse angemeldet. Sie besorgte mit dem Fahrrad bei einem Arzt privat sowohl ein Schmerzmedikament für ihren Vater als auch eine kleine Menge Wildfleisch. Auf dem Rückweg stürzte sie mit dem Fahrrad und erlitt Verletzungen am linken Knie. Der spätere Heilungsverlauf gestaltete sich schwierig und der Unfall hat evtl. erhebliche bleibende Schäden zur Folge.

Unmittelbar nach dem Unfall gab die Tochter in ihrem Antrag gegenüber der Unfallkasse an, die Fahrradfahrt diente sowohl der Medikamenten- als auch der Nahrungsmittelbeschaffung. Bei einem späteren Gespräch mit einem Mitarbeiter der Unfallkasse rückte sie auf Nachfrage das Schmerzmittel in den Vordergrund; das Fleisch nahm sie nur bei dieser Gelegenheit mit. Die Unfallkasse lehnte daraufhin die Anerkennung als Arbeitsunfall ab, weil eine ehrenamtliche Pflegeperson nur bei der Besorgung von Nahrungsmitteln, nicht aber von Medikamenten unfallversichert ist.

Die LSG kam jedoch zu dem Entschluss, dass der Fahrradunfall einer ehrenamtlichen Pflegekraft auf dem Rückweg von Besorgungen für die Pflegepersonen (Arzneimittel bzw. Wildfleisch) als versicherter Arbeitsunfall anzuerkennen ist. So ist es unschädlich, dass die Nahrungsmittelbeschaffung nicht im Vordergrund stand. Denn auch bei der Besorgung von Schmerzmitteln handelt es sich um eine unfallversicherte Tätigkeit einer Pflegeperson. Daher kam es auf die Frage der Handlungstendenz nicht mehr an.
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Sozialversicherungspflicht von mitarbeitenden Gesellschaftern konkretisiert

Sozialrecht

Das Bundessozialgericht (BSG) hat die Rechtsprechung zur sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung von mitarbeitenden Gesellschaftern, die nicht als Geschäftsführer bestellt sind, in einem Urteil vom 12.5.2020 konkretisiert. Nunmehr können sie auch als sozialversicherungspflichtig gelten.

Die Sozialversicherungspflicht richtet sich demnach nach dem beherrschenden Einfluss, den ein mitarbeitender Gesellschafter auf die Geschicke einer Gesellschaft ausüben kann. Ist ein Gesellschafter nicht zum Geschäftsführer bestellt, ist er nur dann von der Sozialversicherungspflicht befreit, wenn er Beschlüsse der Gesellschafterversammlung maßgeblich durch seine Stimmenmehrheit beeinflussen kann. Dadurch ist er in die Lage versetzt, das eigene abhängige Beschäftigungsverhältnis jederzeit zu beenden.

Ist er, etwa durch gesellschaftsrechtliche Einschränkungen, nicht in der Lage das Beschäftigungsverhältnis zu ändern, liegt eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung des Gesellschafters vor. Von der Sozialversicherungspflicht befreit sind hingegen geschäftsführende Gesellschafter, wenn sie "einen beherrschenden Einfluss auf die Geschicke einer Gesellschaft nehmen" können.

Dem Urteil vorangegangen war die Klarstellung im Fall einer mitarbeitenden Mehrheitsgesellschafterin, die 70 % am Stammkapital der Gesellschaft hielt. Die Geschäftsführertätigkeit übte eine andere Person aus. Dieser war der Gesellschafterin weisungsgebunden. Um in der Gesellschaft Beschlüsse durchzusetzen, waren laut Gesellschaftsvertrag 75 % der Stimmen aller Gesellschafter erforderlich.

Unter dieser Voraussetzung war die Mehrheitsgesellschafterin außerstande, ihren weisungsgebundenen Mitarbeiterstaus zu ändern. Nach Auffassung des BSG besitzt sie somit nicht die nötigen Voraussetzungen für eine Befreiung von der Sozialversicherungspflicht. Sie gilt damit als sozialversicherungspflichtig beschäftigt.
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Steuerliche Verbesserung für Menschen mit Behinderungen

Sozialrecht

Im Behinderten-Pauschbetragsgesetz verabschiedete der Bundesrat neben der Anpassung der Behinderten-Pauschbeträge auch Steuervereinfachungen, die Steuerpflichtige mit Behinderung von Nachweispflichten entlasten. Darüber hinaus entfallen die Anspruchsvoraussetzungen zur Gewährung eines Behinderten-Pauschbetrags bei einem Grad der Behinderung unter 50. Die Regelungen gelten ab dem Veranlagungszeitraum 2021.

Steuerpflichtige mit Behinderung haben die Möglichkeit Kosten, die zur Bewältigung ihres Alltags als außergewöhnliche Belastungen anfallen, steuerlich geltend zu machen. Sie können zwischen Einzelnachweisen oder, zur Vereinfachung, zwischen einem ansetzbaren Pauschalbetrag wählen. Die Behinderten-Pauschbeträge werden auf maximal 2.840 € erhöht. Der Betrag hängt maßgeblich vom festgestellten Grad der Behinderung ab. In besonderen Fällen erhöht sich der Pauschalbetrag auf 7.400 €.

Für außergewöhnliche Belastungen, die durch die häusliche Pflege einer Person entstehen können, kann mit dem Pflege-Pauschbetrag ebenfalls eine Pauschalierung erfolgen. Der Betrag wurde ebenfalls angehoben und beträgt nun maximal 1.800 €. Der Betrag richtet sich am Pflegegrad der zu pflegenden Person aus. Der Pauschalbetrag kann geltend gemacht werden, wenn die pflegende Person dafür keine Einnahmen erhält. Das Pflegegeld, dass Eltern eines Kindes mit Behinderungen für dieses Kind empfangen, wird dabei nicht als Einnahme angerechnet.

Darüber hinaus wird eine behinderungsbedingte Fahrtkosten-Pauschale eingeführt. Sie kann bis zu einer Höhe von 900 € von Menschen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 80 oder mit einem Grad der Behinderung von mindestens 70 und einer erheblichen Gehbehinderung in Anspruch genommen werden.

Für Menschen mit einer außergewöhnlichen Gehbehinderung sowie für blinde und hilflose Personen gilt eine Obergrenze von maximal 4.500 € jährlich. Die Pauschale gilt anstelle der bisher individuell ermittelten Aufwendungen für Fahrtkosten und ist unter Abzug der zumutbaren Belastung zu berücksichtigen.
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