Aktuelles

Prämiensparverträge – Referenzzins für Zinsanpassungen

Wirtschaftsrecht

Für viele Verträge ist ein variabler Grundzins – also ein Zins, der von der Bank an die allgemeine Zinsentwicklung am Markt angepasst werden kann – üblich. Insbesondere bei Verträgen mit einer langen Laufzeit müssen solche Zinsvereinbarungen transparent gestaltet sein. Denn bei Langzeitverträgen haben Verbraucher i.d.R. nicht die Möglichkeit oder sehen keinen wirtschaftlichen Sinn darin, kurzfristig auf ein anderes Angebot mit besseren Zinsen umzusteigen.

Gerade in vielen alten Verträgen sind jedoch Vereinbarungen enthalten, die rechtswidrig sind, sog. Zinsanpassungsklauseln, Zinsgleitklauseln oder Zinsänderungsklauseln. Diese ermöglichen es Banken, den Zins nach eigenem Ermessen anzupassen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in mehreren Urteilen klargestellt, dass solche Klauseln unzulässig sind, wenn sie den Banken ein einseitiges Anpassungsrecht einräumen, ohne klare und transparente Kriterien für die Zinsänderung festzulegen.

Zur Frage, welcher Referenzzinssatz heranzuziehen ist, wenn die im Vertrag vereinbarte Zinsklausel keine spezifischen Festlegungen enthält, wie beispielsweise „Die Spareinlage wird variabel, z. Zt. mit … % verzinst“, hat der BGH am 9.7.2024 entschieden. Die BGH-Richter bestätigten die Entscheidungen der Oberlandesgerichte, dass die Umlaufsrenditen inländischer Bundeswertpapiere mit Restlaufzeiten von über 8 bis 15 Jahren (Zeitreihe WU9554) den Anforderungen, die an einen Referenzzins für die variable Verzinsung der Sparverträge zu stellen sind, genügen.

Hinweis: Vor diesem Hintergrund sollten u.U. bestehende Prämiensparverträge überprüft und ggf. rechtlicher Rat eingeholt werden.
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Schadenersatzklage gegen Impfärztin nach Corona-Schutzimpfung – erste obergerichtliche Entscheidung

Wirtschaftsrecht

In einem Fall aus der Praxis gab eine Frau an, von der Impfärztin nicht ausreichend über die Risiken der Corona-Schutzimpfung aufgeklärt worden zu sein. Bei einer zureichenden Aufklärung hätte sie sich aber schon gar nicht impfen lassen, weshalb die Ärztin ihr den aus der Impfung entstandenen Schaden zu ersetzen und außerdem Schmerzensgeld zu leisten habe.

Das Oberlandesgericht Stuttgart kam zu dem Urteil, dass das Verimpfen von Corona-Impfstoffen im Rahmen der nationalen Impfstrategie durch hierzu Beauftragte als hoheitliche Tätigkeit zu qualifizieren ist. Sofern Privatpersonen in Ausübung eines ihnen anvertrauten öffentlichen Amtes hoheitlich tätig werden, greift grundsätzlich die Staatshaftung ein. Eine persönliche Haftung des hoheitlich Tätigen selbst kommt gegenüber dem Geschädigten daneben nicht in Betracht.

Also haftet eine hoheitlich tätig gewordene Impfärztin wegen etwaiger Aufklärungsmängel nicht, sondern die Geschädigte hätte zutreffend den Staat wegen etwaiger Schadenersatzansprüche in Anspruch nehmen müssen.
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GmbH-Geschäftsführer haftet für eigenmächtige Gehaltserhöhung

Wirtschaftsrecht

Mit Wirkung zum 1.4.2000 wurde in einem Unternehmen ein Geschäftsführer eingestellt und vertraglich ein Jahresgehalt von 60.000 DM sowie eine jährliche Tantieme von mindestens 12.000 DM vereinbart. Im November 2015 wies der Geschäftsführer eine Mitarbeiterin an, ihm eine Einmalzahlung in Höhe von 30.000 € mit dem Gehalt für November Mitte Dezember 2015 abzurechnen und auszuzahlen.

Die gleiche Anweisung kam auch in den Jahren 2016–2019 mit jeweils 35.000 € als Einmalzahlung, so dass sich diese auf insgesamt 170.000 € beliefen. Die Jahresabschlüsse der Gesellschaft für 2015 und 2016 wurden festgestellt, wobei dem Geschäftsführer Entlastung erteilt wurde. Auch für das Jahr 2017 erteilte man dem Geschäftsführer Entlastung. 2020 beschlossen dann die Gesellschafter in einer Gesellschaftsversammlung die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen in Höhe von 170.000 € gegenüber dem Geschäftsführer wegen Verletzung seiner Obliegenheitspflichten.

Die Richter des Oberlandesgerichts Brandenburg kamen zu der Entscheidung, dass der Geschäftsführer die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes nicht angewendet hat, indem er die Zahlung von jährlichen Einmalzahlungen an sich veranlasste, welche die vertraglich vereinbarte Vergütung überstiegen und von den Mitgesellschaftern auch nicht gebilligt worden waren.

Die Haftung für die Jahre 2015–2017 ist allerdings durch die von den Gesellschaftern beschlossene Entlastung des Geschäftsführers ausgeschlossen. Zu der Einhaltung der gesetzlichen Pflichten gehört die Trennung eigener Interessen von den Interessen des Unternehmens. Die Frage, in welcher Höhe das zu zahlende Grundgehalt angesichts der weiteren Gehaltskomponenten als angemessen anzusehen ist, kann nicht vom Geschäftsführer allein bestimmt werden. Vielmehr ist zur Entscheidung über die Höhe der Vergütung die Gesellschafterversammlung berufen. Der Geschäftsführer wurde verurteilt, an das Unternehmen 70.000 € (je 35.000 € aus 2018 und 2019) plus Zinsen zu zahlen.
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Annullierung des Hinflugs – Erstattung sämtlicher Flugkosten bei einheitlicher Buchung

Wirtschaftsrecht

„Der aufgrund einer Annullierung bestehende Anspruch auf Erstattung der Flugscheinkosten umfasst sowohl die Kosten des Hinflugs als auch die Kosten des Rückflugs, wenn Hin- und Rückflug Gegenstand einer einheitlichen Buchung sind, über die ein einziger Flugschein ausgestellt worden ist. Dies gilt unabhängig davon, von welchem Ort aus der Rückflug vorgesehen war“, entschied der Bundesgerichtshof (BGH).

Dieser Entscheidung lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde: Die Reisenden hatten eine bestätigte einheitliche Buchung für Hinflüge von München über Madrid und Bogotá nach Quito sowie für Rückflüge von Quito über Bogotá nach München. Die Buchung erfolgte über ein Reisebüro und der Preis für die Flugtickets betrug ca. 4.800 €. Das Luftfahrtunternehmen der ersten Teilstrecke des Hinflugs von München nach Madrid annullierte diesen Flug. Die Urlauber verlangten die vollständige Erstattung der Kosten für die Hin- und Rückflüge. Das Luftfahrtunternehmen leistete jedoch keine Zahlung. Die BGH-Richter bestätigten die Ansprüche der Reisenden in vollem Umfang.
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Große Flugverspätung bei einem Mangel an Flughafenpersonal

Wirtschaftsrecht

Nach dem Unionsrecht ist eine Fluggesellschaft verpflichtet, für eine große Verspätung, d.h. eine Verspätung von mehr als drei Stunden, Ausgleichszahlungen zu leisten. Das gilt jedoch nicht, wenn sie nachweisen kann, dass die Verspätung auf „außergewöhnliche Umstände“ zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.

So hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) zu entscheiden, ob es sich bei einem Mangel an Flughafenpersonal für die Gepäckverladung, der zu einer großen Verspätung eines Fluges geführt hat, um einen „außergewöhnlichen Umstand“ handeln kann. Der EuGH bejahte dies. Nun ist es Sache des deutschen Gerichts bei dem nachfolgenden Sachverhalt zu entscheiden, ob hier ein solcher vorlag. Im Jahr 2021 kam es bei einem Flug von Köln-Bonn (Deutschland) zur griechischen Insel Kos zu einer Verspätung von drei Stunden und 49 Minuten. Diese Verspätung war auf mehrere Gründe zurückzuführen, hauptsächlich aber auf einen Mangel an Personal des Flughafens Köln-Bonn für die Gepäckverladung in das Flugzeug.

Selbst wenn das deutsche Gericht feststellen sollte, dass es sich bei dem fraglichen Personalmangel um einen „außergewöhnlichen Umstand“ handelt, wird die für die Gepäckverladung verantwortliche Gesellschaft zur Befreiung von ihrer Verpflichtung zu Ausgleichszahlungen an die Fluggäste Nachweise erbringen müssen. Zum einen, dass sich dieser Umstand auch dann nicht hätte vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären und zum anderen, dass sie gegen dessen Folgen alle der Situation angemessenen Vorbeugungsmaßnahmen ergriffen hat.
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Bestell-Button bei Online-Bestellungen

Wirtschaftsrecht

Der Europäische Gerichtshofs (EuGH) hatte am 30.5.2024 über den nachfolgenden Sachverhalt zu entscheiden: In Deutschland beauftragte der Mieter einer Wohnung, deren monatliche Miete über der erlaubten Höchstgrenze lag, einen Inkassodienstleister, von seinen Vermietern die zu viel gezahlten Mieten zurückzuverlangen. Er gab diese Bestellung über die Webseite dieses Dienstleisters auf. Vor dem Klicken auf den Bestell-Button setzte er ein Häkchen zur Zustimmung zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Diesen zufolge müssen die Mieter eine Vergütung in Höhe von einem Drittel der ersparten Jahresmiete zahlen, falls die Bemühungen des Dienstleisters zur Geltendmachung ihrer Rechte erfolgreich waren.

Demnach war bei dem Abschluss des Vertrages – im Unterschied zu den klassischen Bestell-Buttons, bei deren Anklicken z.B. ein wirksamer Kaufvertrag mit einer klaren Zahlungspflicht zustande kommt – noch unklar, ob der Mieter also überhaupt etwas würde zahlen müssen.

Der EuGH kam zu dem Urteil, dass der Unternehmer den Verbraucher vor der Aufgabe der Online-Bestellung darüber informieren muss, dass er mit dieser Bestellung eine Zahlungsverpflichtung eingeht. Diese Pflicht des Unternehmers gilt unabhängig davon, dass die Zahlungsverpflichtung noch vom Eintritt einer weiteren Bedingung abhängt.

Nach den Europäischen Richtlinien muss der Unternehmer dafür sorgen, dass der Verbraucher bei der Bestellung ausdrücklich bestätigt, dass die Bestellung mit einer Zahlungsverpflichtung verbunden ist. Gemäß dieser Bestimmung muss, wenn der Bestellvorgang die Aktivierung einer Schaltfläche oder einer ähnlichen Funktion umfasst, diese Schaltfläche oder entsprechende Funktion gut lesbar ausschließlich mit den Worten „zahlungspflichtig bestellen“ oder einer entsprechenden eindeutigen Formulierung gekennzeichnet sein, die den Verbraucher darauf hinweist, dass die Bestellung mit einer Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Unternehmer verbunden ist. Andernfalls ist der Verbraucher durch den Vertrag oder die Bestellung nicht gebunden.
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