Aktuelles

Form- und fristgerechte Anfechtung einer Erbausschlagung

Erbrecht

Die formgerechte Anfechtungserklärung bezüglich einer vorausgegangenen Erbausschlagung erfordert bei Abgabe der Erklärung in öffentlich beglaubigter Form den Eingang der Originalurkunde beim Nachlassgericht.

Die Übermittlung der als Papierurkunde erstellten notariell beglaubigten Anfechtungserklärung in Gestalt einer pdf-Datei über das besondere elektronische Anwaltspostfach an das Nachlassgericht reicht zur Wahrung der erforderlichen Form für eine wirksame Anfechtung der Erbausschlagung nicht aus.

Die Anfechtungserklärung kann nur binnen sechs Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt.

So hatten in dem vom Oberlandesgericht Bamberg entschiedenen Fall Geschwister eine Ausschlagungserklärung angefochten. Eine beglaubigte pdf-Datei ging per besonderem Anwaltspostfach raus und das Original wurde per Post hinterhergeschickt. Dieses kam jedoch nach Ablauf der Frist beim zuständigen Gericht an und konnte damit die Erbausschlagung nicht mehr aufheben.
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Hälftige Haftung bei Unfall auf einem Parkplatz

Versicherungsrecht

Auf Fahrgassen eines Parkplatzes, die vorrangig der Parkplatzsuche dienen und nicht dem fließenden Verkehr, gilt nicht die Vorfahrtsregel „rechts vor links“. Die Fahrer sind vielmehr verpflichtet, defensiv zu fahren und die Verständigung mit dem anderen Fahrer zu suchen. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit seiner Entscheidung vom 22.6.2022 eine hälftige Haftungsquote für die Unfallfolgen auf einem Parkplatz eines Baumarktes ausgesprochen.

Etwas anderes gilt nur, wenn die angelegten Fahrspuren eindeutig und unmissverständlich Straßencharakter haben und sich bereits aus ihrer baulichen Anlage ergibt, dass sie nicht der Suche von freien Parkplätzen dienen, sondern der Zu- und Abfahrt der Fahrzeuge.
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Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz zum 1.1.2023

Wirtschaftsrecht

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz tritt zum 1.1.2023 in Kraft und gilt für in Deutschland ansässige Unternehmen ab einer Größe von 3.000 Mitarbeitern (ab 1.1.2024: 1.000 Mitarbeiter). Diese werden dazu verpflichtet, ihrer menschenrechtlichen Verantwortung und Sorgfaltspflicht in ihren Lieferketten besser nachzukommen. Zu den Sorgfaltspflichten der Unternehmen zählen:
  • Einrichtung eines Risikomanagements und Durchführung einer Risikoanalyse
  • Verabschiedung einer Grundsatzerklärung der unternehmerischen Menschenrechtsstrategie
  • Verankerung von Präventionsmaßnahmen im eigenen Geschäftsbereich und gegenüber unmittelbaren Zulieferern
  • sofortige Ergreifung von Abhilfemaßnahmen bei festgestellten Rechtsverstößen
  • Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens im Falle von Rechtsverstößen
  • Dokumentations- und Berichtspflicht für die Erfüllung der Sorgfaltspflichten


Die Verantwortung der Unternehmen erstreckt sich auf die gesamte Lieferkette, wobei die Unternehmensverantwortung nach dem Grad der Einflussmöglichkeit abgestuft ist. 

Die Elemente menschenrechtlicher Sorgfalt gelten zunächst für die Unternehmen selbst sowie für unmittelbare Zulieferer. Menschenrechtsrisiken bei mittelbaren Zulieferern, d. h. in den tieferen Gliedern der Lieferkette, müssen analysiert und adressiert werden, wenn Unternehmen darüber substantiiert Kenntnis erlangen. Auch wenn kleine und mittlere Unternehmen nicht direkt unter das Gesetz fallen, sind sie doch ggf. als Zulieferer für größere Abnehmer ihrer Produkte und Dienstleistungen in die Thematik involviert.
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Verhaltensbedingte Kündigung bei Arbeitszeitbetrug

Arbeitsrecht

Ein Arbeitszeitbetrug, bei dem ein Mitarbeiter vortäuscht, für einen näher genannten Zeitraum seine Arbeitsleistung erbracht zu haben, obwohl dies nicht oder nicht in vollem Umfang der Fall ist, stellt eine besonders schwerwiegende Pflichtverletzung dar und erfüllt an sich den Tatbestand des wichtigen Grundes zur außerordentlichen Kündigung. Dasselbe gilt für den Verstoß eines Arbeitnehmers gegen seine Verpflichtung, die abgeleistete, vom Arbeitgeber sonst kaum kontrollierbare Arbeitszeit korrekt zu dokumentieren. Ebenso ist die Missachtung der Anweisung, bei Raucherpausen auszustempeln, geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu begründen.

Bei besonders schwerwiegenden Verstößen ist eine Abmahnung grundsätzlich entbehrlich, weil in diesen Fällen regelmäßig davon auszugehen ist, dass das pflichtwidrige Verhalten das für ein Arbeitsverhältnis notwendige Vertrauen auf Dauer zerstört hat. Bei bewusst falschen Angaben hinsichtlich der Arbeitszeit oder bei mehrfachen nicht unerheblichen Falschaufzeichnungen bedarf es in der Regel nicht noch einer vergeblichen Abmahnung.
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Kein Schmerzensgeld für Quarantäne

Wirtschaftsrecht

In den letzten beiden Jahren wurde vielfach Quarantäne für Bürger angeordnet, die Kontakt zu Coronainfizierten Personen hatten, auch wenn bei ihnen selbst keine Krankheitssymptome vorlagen.

In einem vom Oberlandesgericht Oldenburg (OLG) am 30.3.2022 entschiedenen Fall hatte ein Landkreis zunächst für eine Mutter, deren unmittelbare Arbeitskollegin ein positives PCR-Testergebnis erhalten hatte, Quarantäne angeordnet, nach einem positiven PCR-Test der Mutter auch für den Vater und die beiden Kinder. Die Familie begehrte später Schmerzensgeld. Sie argumentierte, dass es für die Quarantäne-Anordnung keine gültige Rechtsgrundlage gab, die PCR-Methode zudem ungeeignet war und die Quarantäne unter anderem zu sozialen Einschränkungen und psychischen Belastungen geführt hatte. In einem zweiten Fall vor dem OLG argumentierte eine Lehrerin ähnlich.

Die Richter des OLG wiesen in beiden Fällen darauf hin, dass es sich bei einer Quarantäneanordnung nicht um eine Freiheitsentziehung, sondern nur um eine Freiheitsbeschränkung handelte. Diese rechtmäßige Maßnahme verlangte den Betroffenen ein zwar spürbares, angesichts der schwerwiegenden Gefahren für die Gesellschaft insgesamt aber geringfügiges Opfer zugunsten der Gemeinschaft ab, das ohnehin weder unter Ausgleichs- noch unter Genugtuungsaspekten einen Schmerzensgeldanspruch rechtfertigen kann.
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Keine Kürzung des Heimentgelts bei coronabedingten Besuchs- und Ausgangsbeschränkungen

Wirtschaftsrecht

Der Bundesgerichtshof hat am 28.4.2022 über die Frage entschieden, ob Bewohner einer stationären Pflegeeinrichtung wegen Besuchs- und Ausgangsbeschränkungen, die im Rahmen der Bekämpfung der COVID-19-Pandemie hoheitlich angeordnet wurden, zu einer Kürzung des Heimentgelts berechtigt sind.

Nach dem Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz in Verbindung mit dem Pflegevertrag war die Einrichtung verpflichtet, dem Vertragspartner (Heimbewohner) ein bestimmtes Zimmer als Wohnraum zu überlassen sowie die vertraglich vereinbarten Pflege- und Betreuungsleistungen nach dem allgemein anerkannten Stand fachlicher Erkenntnisse zu erbringen. Diese den Schwerpunkt des Pflegevertrags bildenden Kernleistungen konnten trotz pandemiebedingt hoheitlich angeordneter Besuchs- und Ausgangsbeschränkungen weiterhin in vollem Umfang erbracht werden. Eine Entgeltkürzung wegen Nicht- oder Schlechtleistung scheidet daher von vornherein aus. Es kommt aber auch keine Herabsetzung des Heimentgelts wegen Störung der Geschäftsgrundlage in Betracht, da sich durch die Besuchs- und Ausgangsbeschränkungen die Geschäftsgrundlage für den bestehenden Pflegevertrag nicht schwerwiegend geändert hatte.
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