Aktuelles

Kontrollpflicht von Städten und Gemeinden bei Pflasterflächen

Verkehrsrecht

Eine Stadt oder Gemeinde muss Straßen und Wege auf ihrem Gebiet überprüfen, um neue Schäden oder Gefahren zu erkennen und die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen zu treffen. Hierzu gehört es, die Straßen und Wege – in Abhängigkeit von ihrer Verkehrsbedeutung – regelmäßig zu beobachten und in angemessenen Zeitabschnitten zu befahren oder zu begehen. Nicht verlangt werden kann allerdings, dass eine Straße oder ein Weg ständig völlig frei von Mängeln und Gefahren ist, da sich ein solcher Zustand nicht erreichen lässt.

In einem vom Oberlandesgericht Hamm entschiedenen Fall verlangte eine Frau von der Stadt Schadensersatz und Schmerzensgeld von mehr als 20.000 € wegen der Folgen eines von ihr behaupteten Unfallereignisses auf dem Alten Markt der Stadt. Sie war über einen 4 bis 5 cm über das Straßenniveau hinausragenden Pflasterstein gestürzt und brach sich dabei den linken Oberarmknochen mehrfach.

Die Stadt hat sich unter anderem damit verteidigt, dass die Pflasterung und der Plattenbelag auf dem Alten Markt regelmäßig einmal pro Woche durch einen geschulten Straßenbegeher – zuletzt fünf Tage vor dem Unfall – kontrolliert wird.

Die Richter stellten fest, dass die Stadt eine in zeitlicher und örtlicher Hinsicht ausreichende Kontrolle des Gehwegs vorgenommen hatte, was die Frau nicht widerlegen konnte. Eine Haftung der Stadt scheidet damit aus.
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Auffahrunfall – unverschuldetes Auslösen des Notfallbremsassistenten

Verkehrsrecht

Löst sich auf der Autobahn unverschuldet während freier Fahrt der Notfallbremsassistent eines vorausfahrenden Fahrzeugs und fährt der nachfolgende Lkw ohne Einhaltung des nach der Straßenverkehrsordnung gebotenen Sicherheitsabstands von mindestens 50 m auf das abrupt abgebremste Fahrzeug auf, überwiegt der Haftungsanteil des nachfolgenden Lkw.

Die unbegründete und erhebliche Unterschreitung des Sicherheitsabstands ist auf ein schuldhaftes Verhalten zurückzuführen, während das vorausfahrende Fahrzeug aufgrund eines technischen Versagens abgebremst wurde. Dies rechtfertigt eine Haftungsverteilung von 2/3 zulasten des Lkw-Fahrers, entschied das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. mit seinem Urteil vom 9.3.2021.
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Mitverschulden durch Falschparken

Verkehrsrecht

Das Halteverbot an Bushaltestellen in Verbindung mit dem Bushalteverkehrsschild (Parkverbot von 15 m vor und hinter einer Bushaltestelle) betrifft nicht nur die Fahrbahn der Haltestelle, sondern auch den angrenzenden Seitenstreifen, um neben dem Schutz der ein- und aussteigenden Fahrgäste auch ein gefahrloses Ein- und Ausfahren seitlich ausschwenkender Busse zu gewährleisten.

Kommt es infolge des verbotswidrigen und verkehrsbehindernden Parkens im Bushaltestellenbereich zu einem Unfall, trifft den Falschparker ein Mitverschulden.
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Verkehrszeichen im Parkhaus

Verkehrsrecht

Die Straßenverkehrsordnung (StVO) ist nach vorherrschender Auffassung auf Parkplätzen (bzw. in Parkhäusern) grundsätzlich nur dann anwendbar, wenn die angelegten Fahrspuren (eindeutig) Straßencharakter haben. Ist das nicht gegeben, werden von Parkplatz- oder auch Parkhausbetreibern häufig Verkehrsschilder montiert bzw. aufgestellt. Durch den Regelungsgehalt der verwendeten Verkehrszeichen (hier: Vorfahrt gewähren) erhöhen sich die Sorgfaltsanforderungen im Rahmen des in der StVO gebotenen gegenseitigen Rücksichtnahmen. Zwar geht von ihnen keine bindende Wirkung i. S. einer straf- oder ordnungswidrigkeitsrechtlichen Haftung aus. Zivilrechtlich können sie allerdings eine Mithaftung begründen, da ihr Regelungsgehalt jedenfalls im Rahmen des gegenseitigen Rücksichtnahmegebots entsprechend zu beachten ist.

Im entschiedenen Fall hatte ein Mercedes-Fahrer in einem Parkhaus ein "Vorfahrt gewähren"-Schild missachtet und stieß daraufhin mit einem für ihn von links kommenden Peugeot zusammen. Das Gericht sah eine Haftungsverteilung von 75 % zu 25 % zu Lasten des Mercedes-Fahrers als angemessen an.
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Straßenbäume – Abwehr von Gefahren

Verkehrsrecht

Zur Abwehr der von Straßenbäumen ausgehenden Gefahren müssen diejenigen Maßnahmen getroffen werden, die einerseits zum Schutz gegen Astbruch und Umsturz erforderlich, andererseits unter Berücksichtigung des umfangreichen Baumbestands der Städte und Gemeinden diesen auch zumutbar sind. Gewisse Gefahren, die nicht durch menschliches Handeln entstehen, sondern auf Gegebenheiten oder Gewalten der Natur beruhen, müssen als unvermeidbar hingenommen werden. Dennoch dürfen Anzeichen nicht übersehen werden, die der Erfahrung nach auf eine weitere Gefahr durch den Baum hinweisen. Vor diesem Hintergrund sind u. U. bloße Sichtkontrollen durch die Baumkontrolleure einer Stadt unzureichend. Bei festgestellten Defektsymptomen und Krankheitsanzeichen des Baumes wie z. B. Schrägstand, Pilzbefall, Morschung sind weitergehende Untersuchungen ggf. unter Einsatz von Hilfsmitteln erforderlich.

In einem vom Oberlandesgericht Hamm (OLG) am 30.10.2020 entschiedenen Fall war im Juni 2016 ein Stämmling einer mehrstämmigen, ca. 16 m hohen Esche abgebrochen und quer über die Straße gefallen und beschädigte einen Porsche. Baumkontrolleure der Stadt hatten im August 2015 und im April 2016 jeweils nach einer Sichtprüfung festgestellt, dass der Baum morsch war und Pilzbefall hatte. Die Esche sollte deshalb spätestens Ende Januar 2017 gefällt werden.

Aufgrund der Feststellungen bei der Baumbesichtigung hätte die unverzügliche Fällung des Baumes innerhalb der nächsten 14 Tage angeordnet werden müssen. Die Richter des OLG sprachen dem Porschebesitzer Schadensersatz von gut 38.000 € zu.
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Gefahren auf Wirtschaftsweg mit Schlaglöchern

Verkehrsrecht

Nach einem Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm muss ein Radfahrer auf einem Wirtschaftsweg grundsätzlich mit Fahrbahnunebenheiten rechnen. Stürzt er mit seinem Rad beim Durchfahren eines 50 bis 60 cm langen und 8 cm tiefen Schlaglochs, das für ihn deutlich zu erkennen und gefahrlos zu umfahren war, stellt das Schlagloch keine Gefahrenstelle dar, vor der zu warnen oder die zu beseitigen gewesen wäre.

Dieser Entscheidung vom 11.11.2020 lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde: In der Mitte eines 5 Meter breiten Wirtschaftsweges befand sich im Sommer 2019 ein Schlagloch, das später durch die Stadt, die für diese Straße verantwortlich war, ausgebessert wurde. Ein Radfahrer will zur Mittagszeit in dieses Schlagloch gefahren und deshalb zu Fall gekommen sein. Bei dem Sturz erlitt er Prellungen und Schürfwunden und sein Fahrrad sowie die getragene Kleidung wurden beschädigt. Er verlangte von der Stadt Schadensersatz und Schmerzensgeld von ca. 3.500 €. Das Gericht lehnte diese Forderung jedoch ab.
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