In einem vom Landesarbeitsgericht Berlin (LAG) entschiedenen Fall wurde eine
bulgarische Staatsangehörige auf Vermittlung einer deutschen Agentur von
ihrem in Bulgarien ansässigen Arbeitgeber nach Deutschland entsandt, um
eine hilfsbedürftige 96-jährige Dame zu betreuen. In dem Arbeitsvertrag
war eine Arbeitszeit von 30 Std./Woche vereinbart. In dem Betreuungsvertrag
war eine umfassende Betreuung mit Körperpflege, Hilfe beim Essen, Führung
des Haushalts und Gesellschaftleisten und ein Betreuungsentgelt für 30
Std./Woche vereinbart. Ferner war sie gehalten, in der Wohnung zu wohnen und
zu übernachten. Nach Angaben der Pflegerin war sie über mehrere Monate
täglich von 6 Uhr morgens bis ca. 22/23 Uhr im Einsatz und musste sich
auch nachts bereithalten. Daher verlangte sie für die gesamte Zeit die
Zahlung des Mindestlohns.
Das LAG sprach der Pflegekraft den geforderten Mindestlohn ausgehend von einer
täglichen Arbeitszeit von 21 Stunden zu. Zur Begründung führten
die LAG-Richter aus, dass die Berufung des Arbeitgebers auf die vereinbarte
Begrenzung der Arbeitszeit auf 30 Std. treuwidrig ist, wenn eine umfassende
Betreuung zugesagt und die Verantwortung sowohl für die Betreuung als auch
die Einhaltung der Arbeitszeit der Pflegekraft übertragen wird. Es ist
Aufgabe des Arbeitgebers, die Einhaltung von Arbeitszeiten zu organisieren.
Dies war hier nicht geschehen. Ferner war die angesetzte Zeit von 30 Std./Woche
für das zugesagte Leistungsspektrum im vorliegenden Fall unrealistisch.
Aktuelles
Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht einer Wohnungseigentümergemeinschaft
Mietrecht
Grundsätzlich obliegt die Wahrnehmung der Verkehrssicherungspflichten
der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG). Diese kann jedoch auf einen Dritten
übertragen werden. So hatte beispielsweise in einem vom Bundesgerichtshof
(BGH) entschiedenen Fall eine WEG ein Unternehmen mit der Durchführung
von "verkehrssicherheitsrelevanten und baumpflegerischen Schnittmaßnahmen"
beauftragt. Der zur Wohnanlage gehörende Baumbestand sollte hiernach einmal
jährlich kontrolliert werden. Eine solche Kontrolle wurde Anfang Januar
2016 vom Unternehmen durchgeführt.
In einem schriftlichen Bericht bestätigte es den verkehrssicheren Zustand der Bäume. Anfang Mai 2016 wurde ein von einer Wohnungseigentümerin auf dem Parkplatz der Wohnanlage abgestelltes Kraftfahrzeug dadurch beschädigt, dass ein großer Ast einer auf dem Grundstück der Anlage stehenden Platane abbrach und auf das Fahrzeug fiel. Daraufhin verlangte sie von der WEG die Begleichung des Fahrzeugschadens und der Gutachterkosten (ca. 6.600 €).
Dazu entschieden die Richter des BGH: Verletzt ein Dritter schuldhaft die Verkehrssicherungspflicht, begründet dies keine Schadensersatzansprüche einzelner Wohnungseigentümer gegen die WEG. Sie verneinten daher einen Schadensanspruch der Wohnung-eigentümerin gegenüber der WEG.
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In einem schriftlichen Bericht bestätigte es den verkehrssicheren Zustand der Bäume. Anfang Mai 2016 wurde ein von einer Wohnungseigentümerin auf dem Parkplatz der Wohnanlage abgestelltes Kraftfahrzeug dadurch beschädigt, dass ein großer Ast einer auf dem Grundstück der Anlage stehenden Platane abbrach und auf das Fahrzeug fiel. Daraufhin verlangte sie von der WEG die Begleichung des Fahrzeugschadens und der Gutachterkosten (ca. 6.600 €).
Dazu entschieden die Richter des BGH: Verletzt ein Dritter schuldhaft die Verkehrssicherungspflicht, begründet dies keine Schadensersatzansprüche einzelner Wohnungseigentümer gegen die WEG. Sie verneinten daher einen Schadensanspruch der Wohnung-eigentümerin gegenüber der WEG.
Reform des Mietspiegelrechts
Mietrecht
Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) und
das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) haben Referentenentwürfe
für eine Reform des Mietspiegelrechts vorgelegt. Hier die wichtigsten Eckpunkte
im Überblick:
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- Künftig können Mieterhöhungen für Wohnungen, für die ein qualifizierter Mietspiegel Angaben enthält, nur mit diesem Mietspiegel oder mit einem Sachverständigengutachten begründet werden (nicht mehr durch andere Mittel, z. B. der Benennung von Vergleichswohnungen).
- Wurde ein Mietspiegel sowohl von der für die Mietspiegelerstellung zuständigen Behörde als auch von Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter als qualifizierter Mietspiegel anerkannt, wird künftig vermutet, dass er nach wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt wurde.
- Die Frist für die Anpassung von Mietspiegeln wird von zwei auf drei Jahre verlängert. Qualifizierte Mietspiegel sind nach spätestens fünf Jahren neu zu erstellen.
- Es wird klargestellt, welche Standards für einen qualifizierten Mietspiegel als ausreichend angesehen werden können. Mieter und Vermieter können zudem verpflichtet werden, zur Erstellung eines qualifizierten Mietspiegels Auskunft über ihr Mietverhältnis und die Merkmale ihrer Wohnung zu erteilen. Gleichzeitig wird die Nutzung bereits vorhandener Datensätze für die Mietspiegelerstellung erleichtert.
- Für einfache Mietspiegel werden niedrigschwellige Anforderungen
bezüglich Dokumentation und Veröffentlichung festgelegt.
Änderungen eines Testaments bedürfen immer der Unterschrift
Erbrecht
Änderungen eines Testaments können grundsätzlich auch auf der
Kopie des eigenhändig geschriebenen und unterschriebenen Testaments vorgenommen
werden. Voraussetzung ist dabei allerdings, dass auch die Änderungen mit
einer Unterschrift des Erblassers versehen sind.
Eine Erblasserin verfasste handschriftlich ein Testament. Das Original wurde in einem Bankschließfach deponiert und Kopien verwahrte sie in ihrer Wohnung. Auf einer der Kopien nahm die Erblasserin zwei handschriftliche Ergänzungen bzw. Streichungen vor. Die erste Änderung versah sie mit Datum und Unterschrift, bei der zweiten Änderung hingegen fehlte eine Unterschrift. Nach dem Tod der Erblasserin berief sich einer der beiden Söhne darauf, entsprechend der beiden vorgenommenen Änderungen Alleinerbe geworden zu sein und beantragte die Erteilung eines Alleinerbscheins.
Die Richter sahen in der zweiten Änderung keine gültige Testamentsänderung, sodass die Erteilung des Alleinerbscheins abgelehnt wurde. Nachdem die Erblasserin ihre erste Änderung unterzeichnet hatte, ihre zweite Änderung jedoch nicht, konnte nicht ausgeschlossen werden, dass es sich lediglich um einen Entwurf handelte, führten die Richter in ihrer Begründung aus.
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Eine Erblasserin verfasste handschriftlich ein Testament. Das Original wurde in einem Bankschließfach deponiert und Kopien verwahrte sie in ihrer Wohnung. Auf einer der Kopien nahm die Erblasserin zwei handschriftliche Ergänzungen bzw. Streichungen vor. Die erste Änderung versah sie mit Datum und Unterschrift, bei der zweiten Änderung hingegen fehlte eine Unterschrift. Nach dem Tod der Erblasserin berief sich einer der beiden Söhne darauf, entsprechend der beiden vorgenommenen Änderungen Alleinerbe geworden zu sein und beantragte die Erteilung eines Alleinerbscheins.
Die Richter sahen in der zweiten Änderung keine gültige Testamentsänderung, sodass die Erteilung des Alleinerbscheins abgelehnt wurde. Nachdem die Erblasserin ihre erste Änderung unterzeichnet hatte, ihre zweite Änderung jedoch nicht, konnte nicht ausgeschlossen werden, dass es sich lediglich um einen Entwurf handelte, führten die Richter in ihrer Begründung aus.
Verkürztes Restschuldbefreiungsverfahren von der Bundesregierung beschlossen
Wirtschaftsrecht
Mit dem am 1.7.2020 von der Bundesregierung beschlossenen Gesetzentwurf sollen
die Richtlinienvorgaben zur Restschuldbefreiung umgesetzt werden. Nachfolgend
die wichtigsten Punkte im Überblick:
Die Verfahrensverkürzung soll für Verbraucher zunächst bis zum 30.6.2025 befristet werden, um etwaige Auswirkungen auf das Antrags-, Zahlungs- und Wirtschaftsverhalten von Verbrauchern beurteilen zu können. Die Verkürzung des Verfahrens soll insgesamt nicht dazu führen, dass ein Schuldner im Falle einer erneuten Verschuldung auch schneller zu einer zweiten Restschuldbefreiung kommen kann. Daher wird die derzeitige zehnjährige Sperrfrist auf elf Jahre erhöht und das Restschuldbefreiungsverfahren in Wiederholungsfällen auf fünf Jahre verlängert.
Die Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens auf drei Jahre soll für alle Insolvenzverfahren gelten, die ab dem 1.10.2020 beantragt werden. Damit können auch diejenigen Schuldner bei einem wirtschaftlichen Neuanfang unterstützt werden, die durch die Corona-Pandemie in die Insolvenz geraten sind. Für Insolvenzverfahren, die ab dem 17.12.2019 beantragt wurden, soll das derzeit sechsjährige Verfahren monatsweise verkürzt werden.
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- Das Verfahren soll im Regelfall von 6 Jahren auf 3 Jahre verkürzt werden.
- Die Regelungen gelten nicht nur für unternehmerisch tätige Schuldner, sondern auch für Verbraucher.
- Die Tilgung der Verbindlichkeiten in einer bestimmten Höhe ist nicht mehr erforderlich.
- Schuldner müssen jedoch auch weiterhin bestimmten Pflichten und Obliegenheiten nachkommen, um eine Restschuldbefreiung erlangen zu können, z. B. einer Erwerbstätigkeit nachgehen oder sich um eine solche bemühen.
- In der sog. Wohlverhaltensphase sollen Verbraucher stärker zur Herausgabe von erlangtem Vermögen herangezogen werden. Außerdem wird ein neuer Grund zur Versagung der Restschuldbefreiung geschaffen, wenn in der Wohlverhaltensphase unangemessene Verbindlichkeiten begründet werden.
Die Verfahrensverkürzung soll für Verbraucher zunächst bis zum 30.6.2025 befristet werden, um etwaige Auswirkungen auf das Antrags-, Zahlungs- und Wirtschaftsverhalten von Verbrauchern beurteilen zu können. Die Verkürzung des Verfahrens soll insgesamt nicht dazu führen, dass ein Schuldner im Falle einer erneuten Verschuldung auch schneller zu einer zweiten Restschuldbefreiung kommen kann. Daher wird die derzeitige zehnjährige Sperrfrist auf elf Jahre erhöht und das Restschuldbefreiungsverfahren in Wiederholungsfällen auf fünf Jahre verlängert.
Die Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens auf drei Jahre soll für alle Insolvenzverfahren gelten, die ab dem 1.10.2020 beantragt werden. Damit können auch diejenigen Schuldner bei einem wirtschaftlichen Neuanfang unterstützt werden, die durch die Corona-Pandemie in die Insolvenz geraten sind. Für Insolvenzverfahren, die ab dem 17.12.2019 beantragt wurden, soll das derzeit sechsjährige Verfahren monatsweise verkürzt werden.
Klare Regelungen in Verbraucherkreditverträgen zur Berechnung der Widerrufsfrist
Wirtschaftsrecht
Verbraucherkreditverträge müssen in klarer und prägnanter Form
die Modalitäten für die Berechnung der Widerrufsfrist angeben. Dieses
wird nicht erfüllt, wenn auf unterschiedliche Paragrafen im nationalen
Recht verwiesen wird.
Die Richter am Europäischen Gerichtshof (EuGH) hatten zu dieser Problematik folgenden Sachverhalt zur Entscheidung vorliegen: Im Jahr 2012 nahm ein Verbraucher bei einer Bank einen grundpfandrechtlich gesicherten Kredit über 100.000 € mit einem bis zum 30.11.2021 gebundenen Sollzinssatz von 3,61 % pro Jahr auf.
Der Kreditvertrag sah vor, dass der Darlehensnehmer seine Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen widerrufen kann und dass diese Frist nach Abschluss des Vertrags zu laufen beginnt, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben erhalten hat, die eine bestimmte Vorschrift des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuchs vorsieht. Diese Angaben, deren Erteilung an den Verbraucher indessen für den Beginn der Widerrufsfrist maßgeblich ist, führt der Vertrag somit nicht selbst auf. Er verweist lediglich auf eine deutsche Rechtsvorschrift, die selbst auf weitere Vorschriften des deutschen Rechts verweist.
Anfang 2016 erklärte der Verbraucher gegenüber der Bank den Widerruf seiner Vertragserklärung. Die Bank war der Ansicht, dass sie den Verbraucher ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt hatte und die Frist für die Ausübung dieses Rechts bereits abgelaufen war.
Im o. g. Fall stellte der EuGH fest, dass der im fraglichen Vertrag enthaltene Verweis auf die deutschen Rechtsvorschriften nicht dem Erfordernis genügt, den Verbraucher in klarer und prägnanter Form über die Frist und die anderen Modalitäten für die Ausübung des Widerrufsrechts zu informieren.
Anmerkung: Ist die Belehrung über den Beginn der Widerrufsfrist ungültig, kann ein Verbraucher ggf. den Widerruf noch nach der beabsichtigten Frist erklären.
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Die Richter am Europäischen Gerichtshof (EuGH) hatten zu dieser Problematik folgenden Sachverhalt zur Entscheidung vorliegen: Im Jahr 2012 nahm ein Verbraucher bei einer Bank einen grundpfandrechtlich gesicherten Kredit über 100.000 € mit einem bis zum 30.11.2021 gebundenen Sollzinssatz von 3,61 % pro Jahr auf.
Der Kreditvertrag sah vor, dass der Darlehensnehmer seine Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen widerrufen kann und dass diese Frist nach Abschluss des Vertrags zu laufen beginnt, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben erhalten hat, die eine bestimmte Vorschrift des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuchs vorsieht. Diese Angaben, deren Erteilung an den Verbraucher indessen für den Beginn der Widerrufsfrist maßgeblich ist, führt der Vertrag somit nicht selbst auf. Er verweist lediglich auf eine deutsche Rechtsvorschrift, die selbst auf weitere Vorschriften des deutschen Rechts verweist.
Anfang 2016 erklärte der Verbraucher gegenüber der Bank den Widerruf seiner Vertragserklärung. Die Bank war der Ansicht, dass sie den Verbraucher ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt hatte und die Frist für die Ausübung dieses Rechts bereits abgelaufen war.
Im o. g. Fall stellte der EuGH fest, dass der im fraglichen Vertrag enthaltene Verweis auf die deutschen Rechtsvorschriften nicht dem Erfordernis genügt, den Verbraucher in klarer und prägnanter Form über die Frist und die anderen Modalitäten für die Ausübung des Widerrufsrechts zu informieren.
Anmerkung: Ist die Belehrung über den Beginn der Widerrufsfrist ungültig, kann ein Verbraucher ggf. den Widerruf noch nach der beabsichtigten Frist erklären.