Aktuelles

Löschung positiver Bewertungen in einem Ärzteportal wegen Manipulationsverdachts

Wirtschaftsrecht

In einem vom Oberlandesgericht München (OLG) am 27.2.2020 entschiedenen Fall leitete ein Ärztebewertungsportal ein Prüfungsverfahren ein, da sich bei der Bewertung eines Arztes der Verdacht einer Manipulation erhärtete. Ergibt sich im Algorithmus, dass Bewertungen nicht verifiziert sind, werden sie gelöscht.

Ein Zahnarzt, dessen positive Bewertungen teilweise entfernt wurden, war mit der Löschung nicht einverstanden. Er wandte sich an das Portal und verlangte die Darlegung des Algorithmus und Wiederherstellung der Bewertungen.

Das OLG entschied dazu, dass der Portalbetreiber nicht verpflichtet ist offenzulegen, wie der von ihm eingesetzte Algorithmus zum Aufspüren verdächtiger, also nicht "authentischer", sondern vom Arzt beeinflusster Bewertungen funktioniert. Hierbei handelt es sich um ein nicht zu offenbarendes Geschäftsgeheimnis des Portalbetreibers, denn wenn dem Verkehr dies bekannt würde, würden seitens der Ärzte bzw. seitens von diesen beauftragten Agenturen Umgehungsmöglichkeiten entwickelt und der Portalbetreiber würde durch die Offenlegung sein eigenes Geschäftsmodell gefährden.
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Absichtliche Angabe falscher Überstundenzahl rechtfertigt fristlose Kündigung

Arbeitsrecht

Dem Bundesarbeitsgericht lag zur Aufzeichnung und Angabe von Überstunden folgender Sachverhalt zur Entscheidung vor: In einem Arbeitsvertrag war eine wöchentliche Arbeitszeit von 44,5 Std. vereinbart. Geleistete Überstunden wurden vom Arbeitnehmer notiert und vom Arbeitgeber entsprechend vergütet. Ferner erhielt der Arbeitnehmer bis zur Ernennung zum Abteilungsleiter Erschwerniszuschläge.

Durch deren Wegfall fühlte er sich ungerecht behandelt und glich in den Folgejahren die fehlenden Zuschläge mit dem Einreichen nicht geleisteter Überstunden aus. Der Arbeitgeber bezahlte diese auch im guten Glauben. Eine Jahresabschlussprüfung deckte die ungerechtfertigten Zahlungen aufgrund nicht geleisteter Überstunden jedoch auf. Darauf kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos.

Nach Auffassung des BAG muss der Arbeitgeber einer korrekten Dokumentation der Arbeitszeit seiner Arbeitnehmer vertrauen können. Überträgt er den Nachweis der geleisteten Arbeitszeit den Arbeitnehmern selbst und füllen diese die dafür zur Verfügung gestellten Formulare wissentlich und vorsätzlich falsch aus, so stellt dies in aller Regel einen schweren Vertrauensmissbrauch dar.

Dies gilt für den vorsätzlichen Missbrauch einer Stempeluhr ebenso wie für das wissentliche und vorsätzlich falsche Ausstellen entsprechender Formulare. Dabei kommt es nicht entscheidend auf die strafrechtliche Würdigung an, sondern auf den mit der Pflichtverletzung verbundenen schweren Vertrauensbruch. Damit war die fristlose Kündigung gerechtfertigt.
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Umkleidezeiten als vergütungspflichtige Arbeitszeit

Arbeitsrecht

Grundsätzlich sind Umkleidezeiten als Arbeitszeit zu bewerten und somit vergütungspflichtig. Diese Vergütungspflicht kann jedoch durch Tarifvertrag ausgeschlossen werden.

In einem vom Bundesarbeitsgericht (BAG) entschiedenen Fall beinhaltete ein Tarifvertrag u. a. folgende Regelung: "Ist infolge besonders starker Verschmutzung oder aus gesundheitlichen Gründen eine sorgfältige Reinigung erforderlich, so wird täglich eine bezahlte Waschzeit gewährt. Welche Gruppen der Arbeitnehmer darauf Anspruch haben, wie die Dauer der Waschzeit zu bemessen ist und in welche Zeit sie zu legen ist, wird durch Betriebsvereinbarung geregelt." Eine Betriebsvereinbarung, die den o. g. Ausgleich für die Umkleidezeiten usw. regelt, gab es nicht.

Die Richter des BAG kamen in diesem Fall zu der Entscheidung, dass die betroffenen Mitarbeiter keinen Anspruch auf Vergütung der Umkleidezeiten hatten.
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Programmierer in Heimarbeit ist sozialversicherungspflichtig

Sozialrecht

Abhängig Beschäftigte sind sozialversicherungspflichtig. Dies gilt auch für Heimarbeiter, selbst wenn deren Tätigkeit eine höhere Qualifikation erfordert wie bei einem Programmierer, so die Richter des Hessischen Landes-sozialgerichts in ihrem Urteil vom 2.7.2020.

Sie führten aus, dass Heimarbeiter Personen sind, die in eigener Arbeitsstätte im Auftrag und für Rechnung von Gewerbetreibenden, gemeinnützigen Unternehmen oder öffentlich-rechtlichen Körperschaften erwerbsmäßig arbeiten. Die Heimarbeiter sind gemäß der sozialgesetzlichen Regelung Beschäftigte und als solche auch sozialversicherungspflichtig. Dies gilt auch für Tätigkeiten, die eine höherwertige Qualifikation erforderten.
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Provisionen können das Elterngeld erhöhen

Sozialrecht

Als sonstige Bezüge im Lohnsteuerabzugsverfahren angemeldete Provisionen können gleichwohl als laufender Arbeitslohn das Elterngeld erhöhen, wenn die Bindungswirkung der Anmeldung für die Beteiligten des Elterngeldverfahrens weggefallen ist.

Dieser Entscheidung des Bundessozialgerichts lag der nachfolgende Sachverhalt zugrunde: Eine Steuerfachwirtin erzielte vor der Geburt ihrer Tochter neben ihrem monatlichen Gehalt jeden Monat eine Provision in Höhe von 500 – 600 €, die lohnsteuerrechtlich vom Arbeitgeber als sonstiger Bezug eingestuft wurde. Die zuständige Elterngeldstelle bewilligte der Mutter deshalb Elterngeld, ohne die Provisionen bei der Elterngeldbemessung zu berücksichtigen.

Die der Steuerfachwirtin in den arbeitsvertraglich vereinbarten Lohnzahlungszeiträumen regelmäßig und lückenlos gezahlten Provisionen sind materiell-steuerrechtlich als laufender Arbeitslohn einzustufen. Die anderslautende Lohnsteueranmeldung des Arbeitgebers steht nicht entgegen. Die Lohnsteueranmeldung bindet zwar grundsätzlich die Beteiligten im Elterngeldverfahren. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Regelungswirkung der Lohnsteueranmeldung weggefallen ist, weil sie – wie hier aufgrund eines nachfolgenden Einkommensteuerbescheids – überholt ist.
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Anspruch auf Lärmschutz bei Auswechslung des Bodenbelags

Mietrecht

In einem vom Bundesgerichtshof am 26.6.2020 entschiedenen Fall hatte ein Wohnungseigentümer den Teppichboden gegen Fliesen ausgetauscht. Dadurch überschritt der Trittschallpegel die maßgeblichen Grenzwerte.

Nach Auffassung des BGH ist ihm jedoch die Einhaltung der Mindestanforderungen an den Trittschall zumutbar. Diese kann er durch vergleichsweise einfache Maßnahmen erreichen, nämlich durch die Verlegung eines Teppichbodens oder die Anbringung eines zusätzlichen Bodenbelags auf die bestehenden Fliesen. Welche Maßnahme er ergreift, bleibt ihm überlassen.

Der vom Lärm gestörte Wohnungseigentümer kann die Einhaltung der schallschutztechnischen Mindest-anforderungen auch dann verlangen, wenn die Trittschalldämmung des Gemeinschaftseigentums – hier der Wohnungstrenndecke – mangelhaft ist.

Anmerkung: Anders kann es nach dieser Entscheidung des BGH jedoch sein, wenn bei einer mangelhaften Trittschalldämmung des Gemeinschaftseigentums der Wohnungs-eigentümer keine zumutbare Abhilfemöglichkeit hat.
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